Essen, worauf man Lust hat. Einzukaufen, was man braucht. Für viele selbstverständlich, aber längst nicht für alle. Die Aktion «2x Weihnachten» des Schweizerischen Roten Kreuzes Kanton St.Gallen zeigt auf, wo die Not besonders gross ist.
«Wo kommt das hin?» - «Wie müssen wir die Route genau fahren?» - «Reicht das so?» - An diesem nasskalten Dienstagmorgen wird in der Startfeld-Lagerhalle im Westen der Stadt eifrig eingepackt: von Teigwaren bis zu Duschmittel, von Mehl bis Süssigkeiten. Inmitten des emsigen Treibens steht Projektleiterin Misbah Kazmi und versucht, den Überblick zu behalten. Gar nicht so leicht, immerhin sind an diesen beiden Tagen über 80 freiwillige Helferinnen und Helfer damit beschäftigt, etwa 15 Tonnen Lebensmittel und Nonfood-Artikel in 2'600 Taschen abzupacken.
Grosser Dank
Im Rahmen der Aktion «2x Weihnachten» werden diese an 1’183 Familien und 1’177 Einzelpersonen im ganzen Kanton St.Gallen verteilt, die mit ihrem bescheidenen Haushaltsbudget auskommen müssen.
Die Taschen sind mit Lebensmittel und Non-Food-Artikeln gefüllt.
«Es sind teilweise sehr tragische Schicksale, die dahinter stecken», weiss Misbah Kazmi. «Umso grösser ist die Dankbarkeit, wenn sie die gefüllten Taschen erhalten.» Sie hätte schon viele Dankeskarten erhalten, die verdeutlichen, wie dringend die Hilfe gebraucht wird.
Die Tatsache, dass die Produkte wahrscheinlich gerade für eine oder zwei Wochen ausreichen, und dennoch so sehnlichst erwartet werden, spreche für sich – und zeige auf, dass es auch im Kanton St.Gallen viele armutsbetroffene Menschen geben würde. «Viele denken, in der Schweiz gibt es das nicht. Doch der Eindruck täuscht. Es wird einfach sehr wenig darüber gesprochen», sagt Misbah Kazmi.
Berührt von der Hilfe
Bereits zum vierten Mal leitet sie die Aktion des Schweizerischen Roten Kreuz Kanton St.Gallen. Aber auch nach den vielen Einsätzen sei sie berührt von der Hilfe und den dazugehörigen Schicksalen. «Wenn ich das nicht mehr wäre, wäre es wohl der falsche Job», sagt sie im Gespräch.
Die Solidarität ist auch bei der Bevölkerung und den Unternehmen in der Ostschweiz spürbar. Insgesamt wurden 317 Tonnen Lebensmittel und Hygieneprodukte gespendet. Die Aktion wird von der SRK, SRG, der Schweizerischen Post und Coop getragen.
Agnes war sogleich bereit, als freiwillige Helferin mitanzupacken.
Hilfsbedürftige in St.Gallen
Im Innern sind die freiwilligen Helfer Agnes und Nikita gerade damit beschäftigt, Mehl und Teigwaren in die Taschen abzufüllen. Bereits ist einiges geschafft, im Hintergrund läuft laute Musik, die Stimmung untereinander ist locker. «Es gefällt mir, hier zu arbeiten», sagt Agnes und lacht.
Nikita schätzt die gute Stimmung, die untereinander herrscht.
«Als meine Chefin mit dem Vorschlag kam, dass wir uns hier engagieren sollen, war ich sogleich überzeugt.» Und Nikita, der gleich nebenan weitere Taschen füllt, sagt: «Es ist krass, wenn man bedenkt, wie viele hilfsbedürftige Menschen es auch in St.Gallen gibt.»
Die Hilfsinstitutionen werden mit den Lieferungen angefahren.
Es ist kurz vor Mittag, die ersten Lieferwagen sind beladen und bereit, die verschiedenen Hilfsinstitutionen anzufahren. Dort werden sie schliesslich an die betroffenen Menschen verteilt. Immer im Wissen, dass auch eine kleine Tasche viel Grosses bewirken kann.
Alle Bilder: Manuela Bruhin
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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