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René Steiner, Präsident der ASTAG Ostschweiz

Weshalb es den klassischen «rauhen» Fuhrhalter von früher nicht mehr gibt

Staus, Termindruck, Lieferengpässe und Fachkräftemangel: Die Transportbranche ist auch in diesem Jahr unter Druck. René Steiner, Präsident der Astag Sektion Ostschweiz, kennt die Branche von Kindesbeinen an.

Manuela Bruhin am 15. April 2024

René Steiner, wann sind Sie zuletzt hinter dem Steuer eines LKW gesessen?

Das ist noch gar nicht so lange her. Ich habe vor kurzem ein Fahrzeug überführt, welches ausgemustert wurde.

Seit 2016 führen Sie das Familienunternehmen bereits in fünfter Generation. Kam für Sie gar nie ein anderer Beruf in Frage?

In unserer Familie ist es immer so gewesen, dass man zuerst einen anderen Beruf erlernt und einige Jahre ausgeführt hat. Mein Grossvater war Textiler, mein Vater Maschineningenieur und ich war vorher in der Luftfahrt tätig. Ich denke, dass es Sinn macht, in anderen Branchen Erfahrungen und Ideen zu sammeln.

Ist es für Sie nach wie vor ein Traumjob?

Ich hatte vor meiner Tätigkeit im Familienbetrieb meinen Kindertraumjob als Pilot ausgeführt. Jeder Beruf hat seine Vor- und Nachteile, welche man irgendwann abwägen muss. Der Einstieg und die Übernahme eines Transportbetriebs sind jedoch schon Aufgaben, von welchen man überzeugt sein muss, dass man es gerne tut und voll mit dabei ist. Ohne Herzblut einen Betrieb zu führen, ist schwierig.

Sie sind der Branche von klein auf vertraut. Wie haben sich die Anforderungen in der Transportbranche im Laufe der Jahre entwickelt?

Die Branche wird schnelllebiger. Dies erfordert Flexibilität und schnelle Reaktionsfähigkeit, um die Bedürfnisse der Kunden zuverlässig erfüllen zu können. Zudem wird immer mehr Professionalität erwartet, der klassische «rauhe» Fuhrhalter von früher gibt es fast nicht mehr. In den kommenden Jahren wird sicher das Thema Nachhaltigkeit den Sektor stark verändern.

Wie wirkt sich der steigende Verkehr auf die Effizienz und Nachhaltigkeit des Transportwesens aus?

Durch die steigenden Staustunden können die Fahrzeuge pro Tag weniger effizient eingesetzt werden. Es braucht teilweise mehr Fahrzeuge, um das Volumen sowie alle Anforderungen wie Termine, Zeitfenster oder Zugang zu Fussgängerzonen abdecken zu können. Wichtig zu erwähnen ist, dass der «volkswirtschaftliche Schaden», welcher der Stau verursacht, in der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe eingepreist ist und entsprechend von der Branche bereits heute bezahlt wird. Leider ist durch das prognostizierte Verkehrswachstum keine Besserung in Sicht. Ein Ausbau aller Verkehrsträger ist dringend notwendig.

Wie kann die Schweiz die Infrastruktur für den Transportsektor modernisieren und verbessern, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden?

Allen in der Branche ist klar, dass es ein Nebeneinander aller Transportmodalitäten braucht und diese jeweils entsprechend ihrer Stärken eingesetzt werden sollen. Auch sinnvolle Zusammenarbeitsmodelle wie beim kombinierten Verkehr sind notwendig. Trotzdem wird es ohne einen Infrastrukturausbau nicht gehen. Leider gibt es in der Schweiz immer noch festgefahrene Ideologen, die mit Verboten versuchen, den Strassenverkehr möglichst zu behindern – ich spreche hier das Referendumskommitee gegen den Ausbauschritt der Autobahn an.

Inwieweit spielt die Digitalisierung eine Rolle im Hinblick auf die Bewältigung der Verkehrsprobleme?

Durch die Digitalisierung kann sicher einiges erreicht werden: So kann der Verkehr auf Autobahnabschnitten zum Beispiel zeitlich besser über die Geschwindigkeit gesteuert werden oder Fahrzeuge können durch Assistenzsysteme effizienter im Verkehr agieren. In der Transportplanung generell ist es heute notwendig, durch Digitalisierung Effizienzsteigerungen zu generieren und so die Fahrzeuge optimal einzusetzen. Ich bin gespannt, was uns die künstliche Intelligenz im Bereich Verkehr bringen wird.

Auch der Fachkräftemangel ist gerade auch in Ihrer Branche weit verbreitet. Was kann ein Unternehmen tun, um den Job attraktiv zu machen?

Ein respektvoller und wertschätzender Umgang mit den Mitarbeitenden ist meines Erachtens immer noch der wichtigste Punkt, um Mitarbeitende zu halten oder neue zu finden. Es kommen jedoch neue Anforderungen seitens der Gesellschaft hinzu, die in den Jobprofilen umgesetzt werden müssen: wie Arbeitszeiten, Feierabend, Ferien, Gestaltungsmöglichkeiten.

Wie können die Industrie, Regierung und die anderen Akteure zusammenarbeiten, um die Herausforderungen des Verkehrs gemeinsam anzugehen?

Mit Bundesrat Albert Rösti ist sicher jemand im UVEK, der die Anliegen der Transportbranche kennt. Mit den Kantonsregierungen wird in der Ostschweiz ebenfalls ein guter Austausch gepflegt. Hierzu braucht es auch einen starken Verband wie die ASTAG, welcher die Brancheninteressen vertritt. Terminlieferungen und vorgegebene Zeitfenster verursachen Ineffizienzen im Transportprozess – hier sind die Verlader und die Industrie jedoch häufig an die Anforderungen der Endkunden gebunden. Ich denke, dass sich alle Akteure den Herausforderungen bewusst sind und gemeinsam Lösungen entwickeln, welche teilweise jedoch nur Involvierten oder Fachkreisen bekannt sind. Ein einfaches Rezept zur Lösung der Probleme gibt es meines Erachtens nicht – man muss an vielen Stellschrauben drehen.

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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