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Zeyer zur Zeit | SP-Präsidentinnen

Zuerst wäffeln, dann schweigen

Anne Miotto ist um harsche Worte nie verlegen. Sie wirft dem OASG Heuchelei vor, es würde «Tätern» eine Bühne bieten. Auf Nachfrage schweigt sie dann verkniffen. Wie die Parteipräsidentin auch.

«Die Ostschweiz» Archiv am 29. Juni 2023

Sie ist «Projektleiterin beim KampaKollektiv». Ihr Motto bei Twitter lautet: «Mindestens eimol pro Tag s System figge». Sie ist Co-Präsidentin der Juso St. Gallen. Die schrieben im Wahlkampf über die SVP-Ständeratskandidatin, das sei "sexistische, rassistische, menschenfeindliche Kackscheisse". Auf einem Wahlplakat der Juso Wil hiess es: "Heute brennt die Weltwoche, morgen dann Roger Köppel".

Dann nahm sich Miotto den Sänger der deutschen Punkrockband «Feine Sahne Fischfilet» vor. Das OASG biete diesem «Täter» eine Bühne. Ihre Weisheit hat Miotto aus einem anonymen Denunziationsschrieb auf einer linksradikalen Webseite. Dort wird auf ebenfalls anonyme Verleumdungen Bezug genommen, die im August 2022 gegen Jan Gorkow erhoben wurden.

Der habe «sexualisierte Gewalt» angewendet. Wo, wie, gegen wen, wann? Dazu gab es keine weiteren Angaben. Dieses Geschmier an den Klowänden des Internets genügte aber der Jungpolitikerin, sich und ihre Partei lächerlich zu machen. Dass die deutsche Band gewaltverherrlichende Texte gegen Polizisten im Repertoire hat («Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein»), stört die «Systemfiggerin» Miotto hingegen nicht.

Dass Sänger Gorkow die Vorwürfe längst zurückgewiesen hat, dass sie gerichtlich als Verleumdung qualifiziert wurden, dass diese anonyme Denunziationswebseite seit Ende letzten Jahres keinen Laut mehr von sich gibt – all das kümmert die Brachial-Politikerin nicht.

Die Ostschweiz hat ihr Gelegenheit gegeben, zu diesen Vorkommnissen Stellung zu nehmen. Ihr wurde ein umfangreicher Fragenkatalog mit der Bitte um Beantwortung zugestellt. Unter anderem fragten wir: Halten Sie es für guten Stil, wegen anonym kolportierten Vorwürfen einen Sänger als "Täter" abzuqualifizieren? Wissen Sie, dass Sie sich damit der Verleumdung schuldig machen? Haben Sie schon mal etwas von der Unschuldsvermutung gehört?

Nun gehört es zum guten Ton, vor allem von Politikern, dass sie auf Presseanfragen reagieren, die Möglichkeit benützen, ihre Position zu erklären, vielleicht gar zu korrigieren. Denn zu korrigieren gäbe es bei Miotto einiges.

Daher wurde sie auch gefragt, ob sie sich genauso öffentlich beim OASG wie beim Sänger entschuldigen werde, wie sie die beiden öffentlich angerempelt hatte. Und ob sie es nicht in Erwägung ziehe, nach all diesen Fehltritten von ihrem Posten als Juso-Co-Chefin zurückzutreten, um weiteren Schaden von der SP abzuwenden.

Aber: Es ist typisch für solche Krampf-Wäffler wie Miotto. Sie teilen gerne grob aus, werfen mit Ausdrücken wie «Heuchelei» oder «Täter» gerne um sich. Ginge es aber darum, sich für solche verbalen Übergriffe zu erklären oder gar zu entschuldigen, dann verstummen sie. Zuerst eine verbale Blutgrätsche, dann macht sich die Täterin stumm vom Acker. Das ist keine Heuchelei.

Aber feiges Wegducken, mangelnde Zivilcourage, die Unfähigkeit, einen Fehler zugeben zu können. Wenn die Aussagen nicht reichen, um sie als Politikerin zu disqualifizieren: dieses Verhalten tut es.

Vielleicht hätte die Parteipräsidentin Andrea Scheck ein Einsehen. Wir unterbreiteten ihr die Fragen an Miotto und baten um eine erwachsene Stellungnahme. Stattdessen bekamen wir das hier zur Antwort:

«Leider halte ich Ihre Fragen an Frau Miotto für tendenziös und polemisch formuliert, ausserdem enthalten sie an mehreren Stellen nachweislich falsche Behauptungen. Aus diesem Grund kann ich Ihnen keine Aussage geben, da ich die grundlegenden journalistischen Standards dahinter in Frage stelle.

Falls Sie es mit neutral formulierten, offenen Fragen und offengelegten publizistischen Leitlinien noch einmal probieren wollen, haben Sie vielleicht auch bei Frau Miotto mehr Chancen auf eine Antwort.»

Die SP-Präsidentin St. Gallen entscheidet also, wie Fragen gestellt werden müssen, damit sie allenfalls geruht, sie zu beantworten. Dann wird sie noch unverständlicher, indem sie ohne Nachweis behauptet, in den Fragen gebe es falsche Behauptungen.

Erstaunlich, dass keiner der verantwortlichen Politiker in der SP den Mut findet, sich von solchen Präsidentinnen zu distanzieren. Ob es hilfreich ist, mit diesem Image in die nächsten Wahlen zu gehen?

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