Der Samichlaus gehört für die meisten Kinder zur Weihnachtszeit. Doch die Tradition gerät gehörig ins Wanken, weil es schlicht an Personen fehlt. Die Chlausgruppe St.Martin aus St.Gallen beschreitet kreative Wege, um fehlende Chläuse zu finden.
Erinnern Sie sich an die Weihnachtszeit Ihrer Kindheit zurück? Fallen Ihnen da die Besuche des Samichlaus ein? Wie er dastand, mal Lob, mal Tadel verteilte, aber niemals die beheizte Stube verliess, ohne ein Säckli dazulassen? Wie sich die grosse Angst im Lauf seines Besuches in Erleichterung wandelte, weil der Mann im roten Gewand eigentlich gar nicht so furchteinflössend war, wie man es vielleicht in Erinnerung hatte?
Genau diese Tradition soll weiterleben – und für St.Galler Kinder ganz viele neue Erinnerungen schaffen. Dass dies aber gar nicht so einfach ist, verrät Marc Peter, Vorstandsmitglied der St.Galler Chlausgruppe St.Martin. «Wie in so vielen Vereinen haben auch wir Mühe, genügend Personen zu finden, die in die Rolle des Samichlaus oder Schmutzli schlüpfen wollen», sagt er im Gespräch.
Das Coronavirus tat sein Übriges: Viele ältere Mitglieder sahen im Jahr 2020/2021, als der traditionelle Hausbesuch aufgrund der Bestimmungen vorübergehend nicht möglich war, den passenden Zeitpunkt, ihre Karriere als Samichlaus oder Schmutzli endgültig an den Nagel zu hängen.
«Das stellt uns vor grosse Herausforderungen», sagt Peter. Anders als beispielsweise in der Pfadi, wo bereits jüngere Kinder nach und nach in die nächste Gruppe wechseln, sei es gar nicht so einfach, an passende Bewerber:innen für das Ehrenamt des Chlaus heranzukommen.
Jobs.ch unterstützt die Chlausgruppe
Zwar haben sich über die Sommermonate einige Medien des Themas angenommen und über den Fachkräftemangel bei den Weihnachtsgehilfen berichtet. Da kam Jobs.ch die Idee, unter anderem auch die Chlausgruppe St. Martin zu unterstützen, um die Tradition fortzuführen.
Zusammen mit der bekannten Jobplattform werden auf kreative Weise Personen als Samichläuse, Schmutzli und Helfer:innen rekrutiert. Denn das Amt setzt eine Eigenschaft voraus, die vielen wohl weniger zusagt: Man steht unweigerlich im Fokus. «Es ist eine Art Rolle, mit der man warm werden muss. Es sollte einem gelingen, mit den Kindern in einen guten Kontakt zu treten und die Geschichten alterskonform zu erzählen», fasst Peter zusammen.
Über die Tage rund um den 6. Dezember absolviert die Chlausgruppe St.Martin jeweils etwa 100 Familienbesuche, verteilt auf fünf Tage. Dazu braucht es einen Fahrer, einen Schmutzli und natürlich einen Chlaus. In der Chlaushütte bereiten Helfer:innen die Bewirtung vor und helfen bei der Kostümierung. Bis zu acht Gruppen ziehen dann im Westen der Stadt von Familie zu Familie – pro Abend übernimmt eine Gruppe bis zu fünf Hausbesuche.
Peter ist bereits seit vielen Jahren in der Gruppe mit dabei. «Viele fangen als Schmutzli an, weil er eher im Hintergrund amtet», sagt er. Auch er stand schon in mancher St.Galler Stube als Chlaus, liess sich auswendig gelernte Sprüchli von den Kindern aufsagen, verteilte Lob und auch Tadel – aber immer wohlwollend. Die Rolle des Samichlauses habe sich nämlich über all die Jahre entwickelt und verändert. «Auch der Schmutzli wird nicht mehr so angsteinflössend dargestellt, wie es vielleicht früher einmal der Fall war. Deshalb hat er beispielsweise auch keine Rute mehr dabei.»
In Schweiss gebadet
Man wolle kein Gefühl der Angst vermitteln, sondern vielmehr die positiven Dinge in den Vordergrund stellen. Er selbst habe viele schöne Begegnungen als Samichlaus erleben dürfen – und diese brachten ihn manchmal auch ganz schön ins Schwitzen, wie Peter lachend verrät. «Viele Eltern meinen es gut und heizen die Stube mit einem Kamin so richtig ein, weil sie denken, dass wir frieren würden. Doch der Anzug hält recht warm, und steht man etwa 20 Minuten in der Stube, verlässt man diese in manchen Fällen schweissgebadet.»
Bis ein Samichlaus voll einsatzfähig ist, vergehen schon zwei oder drei Saisons, in welchen er zuerst als Schmutzli den Chlaus begleitet. So soll ein Gefühl dafür entwickelt werden, wie die Besuche ablaufen, worauf es ankommt.
Und wenn Peter sich, passend zur Vorweihnachtszeit, wünschen könnte, wie viele neue Chläuse sich nun dazugesellen sollen? «Drei Teams an je drei Personen wären schon super schön», sagt Peter. Denn in der Vergangenheit hätten bereits Schulbesuche abgesagt werden müssen, weil man über zu wenig Chläuse verfüge. Konkret sind aktuell also mindestens neun Personen gesucht.
Für Spenden
Die Familien bezahlen zwar einen kleinen Beitrag für den Besuch. Dieser wird aber vollumfänglich gespendet. Das Amt ist ehrenamtlich, und das wird auch im kreativen Stelleninserat in Form eines Gedichtes bei Jobs.ch so vermerkt.
Weshalb fliesst dennoch so viel Herzblut und Engagement in die Chlausgruppe? Peter dazu: «Es ist einfach schön, zu sehen, wie glücklich wir die Kinder machen können. Ich denke, die strahlenden Kinderaugen und dankbaren Eltern sind Lohn genug.»
Und was ist mit dem Esel?
Auch für dieses Jahr werden noch Personen gesucht, die sich vorstellen können, in die Rolle des Schmutzlis oder Samichlauses zu schlüpfen. Wer die Chlausgruppe St. Martin unterstützen möchte, findet hier Informationen.
Die meistgestellte Frage der Kinder betrifft aber nicht den Mann im roten Gewand, sondern seinen vierbeinigen Freund und Helfer, den Esel. Peter: «Grundsätzlich ist es möglich, dass wir bei Besuchen im Freien einen Esel dabei haben. In der Stube ist das Tier dann aber den Eltern vielleicht doch nicht ganz so recht. Er ist dann meistens ‘krank’.»
(Bilder: PD)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.