Die letzten zehn Wochenenden waren verregnet – und das elfte steht uns wohl oder übel bevor. Vorerst zeichnet sich kein Hochdruckgebiet ab, wie SRF Meteo vermeldet. Wie schlägt sich das graue Wetter auf unsere Psyche nieder? Oder ist alles nur Aberglaube?
Wann wird’s mal wieder richtig Sommer? Die Songzeilen von Rudi Carrell in den 70er Jahren passen auch zu diesen Wochen und Monaten, in welchen kaum zwei trockene Tage aufeinanderfolgen. Seit Jahresbeginn sei es «rekordgrau» und «nass», besagt die Analyse von SRF Meteo.
Besonders im Osten und Süden fielen teilweise erhebliche Niederschläge: zwischen 40 und 60 Prozent mehr als sonst in der ersten Jahreshälfte. Gerade die Wochenenden fielen sprichwörtlich ins Wasser: die letzten zehn waren verregnet, und auch das bevorstehende sieht kaum besser aus. Einziger Lichtblick dürfte der Sonntag sein.
Welche Folgen hat das fehlende Sonnenlicht auf unseren Körper? Eine Einordnung gibt Apothekerin und Vizepräsidentin des Apothekerverbands St.Gallen/Appenzell, Dominique Bätscher, von der Ameisen Apotheke in Flawil.
Dominique Bätscher, der Sommer kommt so gar nicht in die Gänge. Wie erleben Sie das in der Apotheke?
Tatsächlich erleben wir gerade sehr grosse Schwankungen, was die Temperaturen angehen. An einem Tag herrschen 30 Grad, am nächsten gerade einmal 15 Grad. Insbesondere ältere Kundinnen und Kunden haben dann Mühe mit ihrem Kreislauf. Das ständige Hin und Her setzt ihnen zu. Bei den Jüngeren bemerken wir eher einen «Frust», weil der Sommer einfach nicht kommen will.
Das Wetter ist also bei Ihnen in der Apotheke Dauerthema Nummer eins.
Ja (lacht). Das erleben wir jedoch immer wieder. Das Wetter ist quasi omnipräsent.
Welche Auswirkungen hat das fehlende Sonnenlicht auf unseren Körper?
Ein sonniger Tag lässt wohl bei den meisten die Laune ansteigen. Wir brauchen Licht für unsere Seele und Geist. Unser Körper profitiert von der Helligkeit, indem er Vitamin D produziert. Es fördert unter anderem die Aufnahme von Calcium und Phosphat aus dem Darm. Vitamin D ist ebenfalls am Knochenstoffwechsel beteiligt. Fehlt nun das Sonnenlicht, ist die Produktion eingeschränkt. Zumal es häufig am Wochenende regnet, und wir dann Zeit hätten für Aktivitäten im Freien, spüren wir das noch stärker.
Sind die Leute nun vermehrt krank?
Derzeit sind nach wie vor diverse Viren im Umlauf – unter anderem auch, obwohl es viele nicht mehr hören wollen, Corona. Es ist relativ ansteckend, und gerade durch die Anlässe mit vielen Leuten, wie beispielsweise Public Viewings, merken wir, dass die Viren noch aktiv sind. Viele sind erkältet oder husten. Üblicherweise flacht die Kurve während der Sommermonate ab. Das ist jetzt nicht der Fall.
Gibt es Tipps, was man dem Körper Gutes tun kann?
Man sollte darauf achten, dass man genügend Flüssigkeit zu sich nimmt – wir empfehlen etwa zwei Liter. Das geht oftmals vergessen, gerade dann, wenn es nicht zu heiss ist. Die Zeit, in der es nicht regnet, sollte für einen Spaziergang genutzt werden. Die frische Luft kurbelt unseren Kreislauf an. Verkriechen wir uns hingegen nur drinnen, werden wir müde und schlapp.
Sind Nahrungsergänzungsmittel nötig?
Unsere Empfehlung ist: In allen Monaten, die einen «R» enthalten, sollten Vitamin D-Tropfen zugeführt werden. Zu dieser Zeit steht die Sonne zu wenig steil am Himmel, damit unser Körper genügend Vitamin D produzieren kann. Etwa 400 Einheiten sollten es am Tag sein. Wer sich ständig müde und schlapp fühlt, könnte auch ein Multivitamin-Präparat zu sich nehmen.
Gibt es auch positive Aspekte – beispielsweise im Hinblick auf Heuschnupfen-Geplagte?
Die sind quasi «halbgestraft» und «halbbelohnt». Wenn es regnet, leiden die Menschen zwar weniger unter Heuschnupfen. Doch die Zeitspanne des trockenen Wetters ist in diesem Jahr so kurz, dass dann gleich alle auf einmal heuen. An diesen Tagen gibt es extrem viele Pollen in der Luft. Und diejenigen, die unter Heuschnupfen leiden, sind umso mehr belastet.
Das derzeitige Wetter ist also praktisch nirgends willkommen.
Naja, bei den Menschen, die es kühl und nass mögen, vielleicht schon. Grundsätzlich merken wir in den Gesprächen, dass es vielen verleidet ist und sie nun an die Sonne reisen. Wenn hierzulande mal die Sonne scheint, ist es in diesem Jahr gleich sehr schwül. Die feuchte Hitze belastet unseren Kreislauf mehr, als es die trockene tun würde. Ein gutes Mittelmass wäre gut – und sehr willkommen.
(Bilder: Depositphotos/pd)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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