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Interview mit Schlagersängerin

Ohne Handy ist sie aufgeschmissen: Linda Fähs Leben zwischen Familie und Showbusiness

Die ehemalige Miss Schweiz aus Benken meistert heute ihr Leben als erfolgreiche Schlagersängerin und engagierte Familienfrau. Im Gespräch spricht Linda Fäh über ihre Karriere, die Familie und das Älterwerden. Und davon, was sie am liebsten tut, wenn sie mal gar nichts tun muss.

Michel Bossart am 22. Juni 2024

Linda Fäh, ich erwische Sie gerade beim Autofahren. Wohin fahren Sie?

Ich bin unterwegs nach Lipperswil. Als Botschafterin von Pink Ribbon moderiere ich heute das Rahmenprogramm eines von drei Golfturnieren. Heute moderiere ich, in anderen Jahren habe ich auch schon gesungen.

Sie sind oft abends unterwegs. Sind Sie von Natur aus eher ein Nacht- oder ein Morgenmensch?

Mittlerweile beides. Vor zwei, drei Jahren hätte ich noch gesagt, ich sei ein Nachtmensch, weil ja eben die Auftritte meist abends stattfinden. Nun bin ich aber zum richtigen Morgenmenschen geworden. In der Regel stehe zwischen halb und punkt sechs auf und geniesse die Ruhe vor dem Sturm. Unser Sohn Lio ist zum Glück ein Lang- und Durchschläfer. So nutze ich diese Morgenstunden für Sport, um zu arbeiten oder für das, was halt grad so ansteht.

Was machen Sie, damit Sie um 21 Uhr nicht müde sind und lieber ins Bett als auf die Bühne gehen? Einen Mittagsschlaf?

Leider nein. Wenn Lio sein Mittagsschläfli macht, nutze ich die Zeit, um selbst zu essen oder etwas anderes zu erledigen. Wer selbstständig ist, weiss, dass die Arbeit einfach erledigt sein muss. Unter der Woche und wenn ich keine Auftritte habe, bin ich gerne um 22 Uhr im Bett.

Apropos Auftritt: Am 6. Juli treten Sie in Wildhaus am Open Air auf. Ist das Ihr erster Gig im Obertoggenburg?

Nein, ich war vor rund fünf Jahren schon einmal da. Wildhaus ist ein Wunsch-Open-Air für alle Künstler! Ich habe den Auftritt in bester Erinnerung, weil ich damals zum ersten Mal mit vier oder fünf Backgroundtänzern auf der Bühne stand. Dafür haben wir extra eine Show einstudiert. Die hat richtig «gfäget». Grosse Bühne, viel Publikum, super Wetter. Einfach perfekt.

Werden Sie dieses Jahr wieder mit Tänzern auftreten?

Nein. Im Laufe der Jahre habe ich viel Bühnenerfahrung gesammelt – jetzt geht’s ganz gut alleine. Wichtig ist, dass der Funke überspringt und das Publikum Freude an der Musik hat, mitschunkelt und mitklatscht.

Am 31. Juli sieht man Sie dann am Flumserberg Open Air auf. Zum ersten Mal?

Nein, es ist das dritte Mal in Folge. Ein wirklich tolles Open Air. Eines der Grössten in der Schweiz und einer der schönsten Auftritte für mich. Denn die Flumserberge bedeuten Heimat für mich: Als Benknerin habe ich hier Skifahren gelernt. Ich freu mich sehr auf diesen Auftritt und hoffe, dass das Wetter mitspielt. Wenn es schön ist, ist alles noch hunderttausend Mal schöner, insbesondere die imposante Bergwelt. Ein Auftritt zum Geniessen, und zwar von A bis Z.

Linda Fäh

Ich stelle mir Ihr Künsterinnenleben als eine logistische Herausforderung vor: Ihr Sohn Lio ist jetzt anderthalbjährig und Sie sind oft in der ganzen Schweiz unterwegs. Teilen Sie und Ihr Mann die Aufgaben im Haushalt und in der Kinderbetreuung?

Ich war schon immer sehr gut organisiert und jetzt bin ich es noch besser. Lios Grossmami schaut fix zwei Tage in der Woche auf Lio. So kann ich die Dienstage und Mittwoche voll für die Büroarbeit und die Auftrittsvorbereitung nutzen. Wenn ich abends oder am Wochenende Auftritte habe, dann schaut mein Mann und manchmal auch die Nonna. Zudem ist es mir wichtig, dass ich nicht jedes Wochenende verplant bin und wir als Familie etwas unternehmen können.

Gutes Stichwort, Ihr Familienleben: Wie gefällt es euch in eurem neuen Eigenheim in Einsiedeln? Habt ihr euch gut eingelebt?

Sehr gut, sogar! Wir wohnen jetzt ein halbes Jahr hier. Nach dem langen Winter mit viel Schnee freuen wir uns nun auf den Sommer. Einsiedeln bietet gesellschaftlich und kulturell viel. Zudem ist die Natur so nah – mit einem Kleinkind ist es hier wunderbar.

Wie oft sieht man Sie noch in Benken, wo Sie aufgewachsen sind?

Ich war gerade zum Muttertag bei meinen Eltern und bei meinem Grossmami. Sie ist im Altersheim Tschächli und wird im September 100 Jahre alt. Sie hat mir gesagt, dass sie mich wieder mal singen hören wolle. Ich habe ihr fest versprochen, dass ich an ihrem Geburtstagsfest singen werde.

Wollten Sie die Musik eigentlich schon immer zu Ihrem Beruf machen?

Ja. Ich war zeitlebens von Musik umgeben. Mein Vater hatte eine Band und machte Schlager- und Unterhaltungsmusik. Bei seinen Proben habe ich mir schon als kleine Linda das Mikrofon geschnappt und mitgesungen. Musik wurde mir quasi in die Wiege gelegt.

Wie sieht ein perfekter freier Tag für Sie aus? Was tun Sie am liebsten, wenn Sie nichts tun müssen?

Dann bin ich draussen und geniesse die Natur und die Sonne. Unternehme einen Ausflug mit der Familie. Es ist so schön, zu beobachten, wie Lio die Welt entdeckt. Das gibt mir viel. Ja, das sind die schönsten Tage: nichts planen, einfach nach draussen gehen.

2009 wurden Sie Miss Schweiz – heute gibt es hierzulande keine Misswahlen mehr. Ist das ein kultureller Verlust oder ein gesellschaftlicher Fortschritt?

Es ist vielleicht beides, aber überwiegend wohl zweiteres: Heute herrscht ein anderer Zeitgeist. Heute braucht es einen Nemo, der den ESC gewinnt und keine Miss Schweiz mehr.

Was ist das Verrückteste, das Sie je getan haben?

Die Besteigung des Matterhorns. Das war 2012. Ich habe dafür ein Jahr lang trainiert, um körperlich und mental vorbereitet zu sein.

Was lässt Sie nachts ruhig schlafen?

Ruhe. Ich bin ganz schlimm. Es muss muxmüsli still sein. Ich höre jeden Pips und wache auf.

Welcher Gegenstand ist am längsten in Ihrem Besitz?

Eine CD, wahrscheinlich. Oder eine Videokassette der Kelly Family. Warum auch immer man solche Dinge behält. Man kann sie ja schon gar nicht mehr abspielen. Oh, vielleicht ist es auch ein Stofftier. Wenn, dann ein Plüschhund.

Wovor fürchten Sie sich?

Vor allem, das krabbelt und kriecht. Ich finde Insekten richtig gruselig. Das Allerschlimmste sind Kakerlaken. No way könnte ich mich ever mit einer Kakerlake im gleichen Raum aufhalten! Es ist eine Phobie.

Welchen Song hören Sie, wenn Sie traurig sind?

Wenn ich traurig bin, dann höre ich eher keine Musik. Oder vielleicht ein Song von Mark Forster? «Übermorgen» oder «Chöre» sind Songs, da muss ich immer die Lautstärke aufdrehen.

Was machen Sie besser als andere?

Schwierige Frage. Kommt ja auch drauf an, mit wem man sich vergleicht. Ich habe ein Talent, verschiedene Talente zu haben. Diese Talente kann ich gut zusammenbringen. Das kann ich vielleicht besser als andere.

Was kommt mit dem Alter?

Das Leben gelassener und ruhiger zu nehmen.

Und nun noch die berühmte «Einsame-Insel-Frage»: Welche drei Gegenstände würden Sie dahin mitnehmen?

Das Handy, ohne Frage: Es ist mein Ein und Alles. Ich fotografiere viel und organisiere mein ganzes Leben damit. Dann Kopfhörer, damit ich Musik hören kann und ein Buch. Ich assoziiere eine einsame Insel mit Ferien im Paradies. Leider schaffe ich es nur in den Ferien, genügend Zeit und Musse zum Lesen zu haben.

Zum Schluss noch ein paar Entweder-Oder-Fragen: Zeitreise in die Vergangenheit oder in die Zukunft?

In die Zukunft. Die Vergangenheit habe ich ja schon erlebt. Ich würde lieber sehen wollen, was mich in Zukunft noch erwartet.

«Germany’s next Top Model» oder «Der Bachelor”?

Keines. Wenn ich aber müsste, dann eher «Germany’s next Top Model». Meine zwei Traumprinzen habe ich ja schon gefunden.

Ketchup oder Mayo?

Ketchup, und zwar zu Pommes frites.

Sneakers oder Stögelischuhe?

Sneakers, ganz klar. Stögis fand ich noch nie bequem. Auch heute trage ich ein Sommerkleid mit flachen Sandalen.

Rache oder Vergebung?

Vergebung.

Reich oder berühmt?

Wer reich ist, ist nicht unbedingt glücklich. Ich wäre lieber glücklich und berühmt. Aber nur bis zu einem gewissen Grad. Allzu berühmt zu sein, ist ja auch nicht lustig. Ich bin froh, wenn ich noch ungestört einkaufen gehen kann.

Samstag oder Sonntag?

Samstag, dann habe ich eher einen Auftritt und kann mich auf den freien Sonntag freuen.

(Bilder: Michel Bossart)

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Autor/in
Michel Bossart

Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).

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