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Rorschachs Autoposer

Die leidige Geschichte um die Autoposer beschäftigte selbst den Presserat: Das Ergebnis ist durchzogen

Die Autoposer in Rorschach halten Polizei und Politik seit Jahren auf Trab. Unlängst beschäftigte sich gar der Schweizer Presserat damit. Sein Entscheid macht Sinn - die Begründung dagegen weniger.

Thomas Baumann am 01. August 2024

Grund dafür, dass sich der Presserat der Sache annahm, war ein in den «Bodensee Nachrichten» wiedergegebenes Gespräch mit dem ehemaligen Stadtpräsidenten von Rorschach, Thomas Müller (SVP). Darin beklagte sich dieser, dass das «rücksichtslose zur Schau stellen von PS-starken Autos mit Motoren- und Auspufflärm letztlich ein Ausdruck von verweigerter Integration» sei.

Die Übeltäter gemäss Thomas Müller: Personen, bei denen man «die allermeisten Namen kaum aussprechen kann». Gemeint damit waren nicht etwa Aemissegger und Rüdisühli.

Diese Zitate waren Anlass genug für eine Person, gegen den Beitrag Beschwerde beim Presserat einzureichen. Durch die Worte des ehemaligen Stadtpräsidenten sei eine Ethnie pauschal herabgewürdigt und diskriminiert worden.

Etwas sei vorweggenommen: Der Presserat wies die Beschwerde ab. Für einmal ein korrekter Entscheid.

Ob eine Beschwerde vom Presserat letztlich abgewiesen oder gutgeheissen wird, ist jedoch nur die halbe Geschichte. Die andere Hälfte der Geschichte lautet, ob der Presserat eine Beschwerde überhaupt behandelt. In seinem Jargon heisst das «Eintreten auf eine Beschwerde».

Neuer Minusrekord in Sicht

Mittlerweile erfolgt bei rund einem Drittel der Beschwerden ein «Nichteintreten». Offizieller Grund für das verkürzte Verfahren: Der Presserat sei «überlastet».

Doch auch das ist wiederum bloss die halbe Geschichte: Nachdem der Presserat letztes Jahr dank eines Efforts in letzter Minute {https://www.dieostschweiz.ch/artikel/mangelnde-effizienz-im-presserat-bis-zum-klassenbesten-ist-es-noch-ein-langer-weg-k6mPBMj} gerade noch knapp an einem neuen Minusrekord publizierter Stellungnahmen vorbeigeschrammt ist, sieht es heuer schon wieder schlecht aus.

Bis Mitte Juli hat man es gerade einmal auf 19 publizierte Stellungnahmen gebracht. Und das bei über 150 Stellenprozenten.

Was bei den Beschwerden auffällt: Viele kommen aus dem linken Lager — und sind oft schlecht begründet. Dann bleibt selbst dem Presserat, der selbst eher dem linken Lager nahesteht, keine andere Wahl mehr, als die Beschwerde abzuweisen.

Nähe zum linken Lager

Daraus kann jedoch nicht unbesehen der Schluss gezogen werden, dass der Presserat eben doch unparteiisch entscheidet. Denn jeder abgewiesenen Beschwerde aus der linken Ecke steht wohl mindestens eine Beschwerde aus anderen politischen Lagern gegenüber, welche erst gar nicht behandelt wurde.

Zurück zur abgelehnten Beschwerde um die «Bodensee Nachrichten» und Rorschachs Autoposer. Denn die Begründung hat es in sich.

So schreibt der Presserat: «Kritik am Verhalten von Gruppen […] muss möglich sein, solange es um dieses Verhalten und nicht um suggerierte Eigenschaften der ganzen Ethnie geht.» Soweit, so gut.

«Sonst wäre — um ein anderes Beispiel zu nennen — eine Kritik an den Machenschaften der sizilianischen Mafia nicht zulässig, weil sie riskiert, negative Vorurteile gegen SizilianerInnen zu verallgemeinern.»

Schiefer Vergleich

Hier bringt der Presserat doch einiges durcheinander. Die sizilianische Mafia heisst natürlich genau darum «sizilianische Mafia», weil sie ursprünglich aus Sizilien stammt. Ebenso wie Basler Leckerli aus Basel stammen und Engadiner Zuckerbäcker aus dem Engadin.

Es ist also eine blosse Herkunftsbezeichnung und keine ethnische Zuordnung. Man könnte vielleicht noch von «Finnischen Rallyefahrern» sprechen: Wer schon Finnen durch die verschneite Winterlandschaft Finnlands blochen sah und sich die Liste der Rallye-Weltmeister der letzten 45 Jahre anschaut, könnte durchaus auf die Idee kommen, dass es da eine Verbindung gibt.

Mit einem getunten Auto herumzufahren und dabei übermässigen Lärm zu verursachen, hat hingegen nichts mit einer bestimmten Ethnie zu tun und ist in den Herkunftsländern einer Vielzahl (ursprünglich immigrierter) Ethnien weitverbreitet.

Es ist weder davon auszugehen, dass Albaner (um diese Ethnie geht es im Entscheid) wesentlich häufiger als andere Ethnien vom Balkan als Autoposer aktiv werden, noch, dass diese Aktivität ursprünglichen aus den Siedlungsgebieten der albanischen Ethnie stammt.

Insofern ist es zwar richtig, dass man nicht gleich wegen allem und jedem «Rassismus!» schreien soll — aber der Vergleich mit der sizilianischen Mafia ist in diesem Fall eben doch windschief.

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Autor/in
Thomas Baumann

Thomas Baumann ist freier Autor und Ökonom. Als ehemaliger Bundesstatistiker ist er (nicht nur) bei Zahlen ziemlich pingelig.

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