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Budget mit geringem Ertrag

Die Stadt Gossau musste nach Budgetdebakel noch einmal über die Bücher – die Parteien fühlen sich bestätigt

Als vor einigen Wochen das Budget 2024 in Gossau zurückgewiesen wurde, löste das eine unerfreuliche Kettenreaktion aus. Es ging so weit, dass der Schule eine politische Kampagne unterstellt wurde. Nun wird ein überarbeitetes Budget präsentiert. 

Manuela Bruhin am 07. März 2024

Man kommt nicht umhin, einen gewissen schnippischen Unterton in der Mitteilung des Stadtrats herauszulesen. Nachdem das Budget 2024 im Stadtparlament zurückgewiesen wurde, musste dieser nämlich noch einmal über die Bücher. «Mit welchen Massnahmen dies geschehen soll, hatte das Parlament offengelassen», lässt sich der Stadtrat zitieren. Und kann nun ein Ertragsplus von 86'439 Franken präsentieren.

Ursprünglich war ein Aufwandüberschuss von 1.78 Millionen Franken budgetiert. «Der Stadtrat weist aber darauf hin, dass aufgeschobene Ausgaben keine echten Einsparungen sind», heisst es in der Mitteilung weiter. Der Stadtrat zeigt in der Parlamentsvorlage auf, dass vom Gesamtaufwand von 116,6 Millionen Franken lediglich rund acht Millionen kurzfristig beeinflussbar seien. Aus dem Budget 2024 gestrichen sind Ausgaben von rund 1,3 Mio. Franken.

Leidtragenden waren die Schüler

Geht doch – dürften sich nun wohl einige Politikerinnen und Politiker sagen. In ihrer Haltung bestätigt fühlt sich die SP-Fraktion. «Die Budget-Rückweisung des Parlaments war konzeptlos», sagt Fraktionspräsident Florian Kobler. Die Rückweisung des Budgets habe zu erheblichen Mehraufwänden in der Verwaltung, beim Stadtrat und in der Politik geführt. «Die Leidtragenden waren nicht zuletzt die Gossauer Schulkinder, denen wertvolle Exkursionen und Sondertage gestrichen wurden. Nun stellt man fest: Die meisten Ausgaben sind gebunden oder kurzfristig gar nicht beeinflussbar», so Kobler weiter. Weitere vorgeschlagene Kürzungen seien nur aufgeschobene, nicht aber aufgehobene Leistungen.

Die SP-Fraktion werde die vorgeschlagenen Massnahmen seriös prüfen. «Wir werden jedoch im Parlament alle überstürzten Sparvorschläge zu Lasten der Lebensqualität in Gossau bekämpfen.»

Keine Kleinstbeträge

Ähnlich sieht es die FLiG. Man werde alle Anträge genau überprüfen, so Fraktionspräsident Matthias Ebneter. «Stand heute sehen wir vor allem, dass der grösste Teil der Einsparungen gar nicht durch aktives Herausstreichen gemacht wurde, sondern, dass der Stadtrat neue Erkenntnisse gewonnen hat – und dadurch jetzt weiss, dass der budgetierte Betrag sowieso nicht ausgegeben wird.» Wie zielführend das Aufschieben sei, bleibe fraglich. Kleinstbeträge einzusparen, beispielsweise beim Stadtapéro oder bei kulturellen Anlässen, werde die Bevölkerung nicht goutieren.

Zu reden wird nach Meinung Ebneters auch die grosse Einsparung durch die Hallenbadschliessung. Das Freibad wird einzig in den Monaten Juni bis August geöffnet, das Hallenbad während diesen drei Monaten geschlossen bleiben. Ebneter: «Das bringt nichts – ausser Unmut in der Bevölkerung. Wieviel nun mit der Rückweisung wirklich substanziell eingespart wurde, ist fraglich.»

Reduktion gibt Zündstoff

Ähnlich denkt Die Mitte. Bisher fand eine freiwillige Informationsveranstaltung statt, eine politische Diskussion jedoch noch nicht. Innerhalb der Fraktion werde man Mitte März darüber befinden, so Fraktionspräsident Elmar Hardegger. So lange möchte er auch keine verbindliche Stellungnahme abgeben. Nur so viel: «Allgemein kann ich aufgrund einzelner Gespräche sagen, dass der Stadtrat den Auftrag im Grundsatz erfüllt hat, indem er die betrieblichen Ausgaben im Stadthaushalt in der geforderten Höhe gekürzt hat. Dies gilt auch in Anbetracht, dass einzelne Ausgaben «nur» verschoben, aufgrund aktueller Datenlage genauer budgetiert oder bereits eingesparte Ausgaben aus dem Budget genommen wurden.» Immerhin seien auch substanzielle liquiditätswirksame Streichungen und Kürzungen enthalten. Dies sei erfreulich.

«Am ehesten wird in der Mitte Fraktion wohl die Reduktion der Betriebszeiten Hallen- und Freibad zu diskutieren geben. Die endgültige Diskussion in der Fraktion kann und will ich aber nicht vorwegnehmen.»

Die FDP Gossau-Arnegg wird sich ebenfalls in den nächsten Tagen beraten. Fraktionspräsidentin Pakize Sönmez erinnert sich noch gut an die Worte des Stadtpräsidenten Wolfgang Giella im Dezember, dass die Streichungen spürbar und schmerzhaft werden würden.

«Wir nehmen die Hinweise zum Sparauftrag zur Kenntnis: Dass die gebundenen Ausgaben nicht beeinflussbar sind, dass der Grossteil der Ausgaben nur mittel- und langfristig beeinflussbar ist, dass die Auswirkungen eines Leistungsverzichts oder -abbaus sowie einzelner Sparmassnahmen erst im Jahr 2025 vollständig spürbar werden. Auch diese Aspekte werden wir in unserer Sitzung berücksichtigen», so Sönmez weiter.

Antrag mit Folgen

Dass das Budget ein heisses Eisen ist, bewies die Rückweisung Ende des letzten Jahres. Sie löste gleich einige negative Kettenreaktionen aus.

Einerseits hatte die Budgetrückweisung Folgen für die Schule. Überall, wo ein gesetzlicher Auftrag dahinterstecke, können die Ausgaben normal getätigt werden. Auch dort, wo bereits Verträge bestehen, sagte Schulpräsident Stefan Rindlisbacher gegenüber «Die Ostschweiz». «Umgekehrt können also alle Ausgaben, welche «freiwillig» sind, nicht oder nur teilweise getätigt werden.»

Dazu gehören beispielsweise Exkursionen mit Klassen oder Ausgaben für Projekte, welche auch erst nach der Budgetgenehmigung durchführbar sind. Rindlisbacher sagte damals: «Und genau diese Dinge sind schmerzlich, weil dadurch sehr beliebte Angebote gestrichen werden mussten – auch solche, welche wegen des Schnees nicht in den Sommer verschoben werden können.»

Abgesagte Feier

Rindlisbacher wandte sich im Dezember mit einem Brief an die Eltern. Dieses Vorgehen stiess der SVP sauer auf. Die Schule betreibe eine politische Kampagne, so der Vorwurf. «Die Zurückweisung des Budgets 2024 wird für Panikmacherei und Wahlkampf missbraucht», hiess es in einer Medienmitteilung der SVP. Auch die Wahlfeier fiel der Budgetdebatte zum Opfer. Diese wurde daraufhin nämlich abgesagt.

Nun wird also ein neuer Anlauf genommen. Das Budget 2024 wird frühestens Ende April genehmigt sein – wenn kein Referendum ergriffen wird.

(Bild: Archiv)

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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