Autos? Flugzeuge? Wenn es um die Luftreinheit geht, sind das alles Waisenknaben im Vergleich zu grossen Schiffen. Nur will das niemand sehen.
Viele Grüne und meist doch eher linke Politiker, an vorderster Front unsere «sowohlalsauch»-Bundesrätin Doris Leuthard, predigen seit Jahren von Luftreinhalteverordnung und Abgasminimierung beziehungsweise propagieren den Umstieg auf sogenannte erneuerbare Energien. So recht, so gut könnte man meinen, aber haben Sie sich auch schon vertiefte Gedanken zur Luftverschmutzung gemacht?
Wussten Sie beispielsweise, dass das Binnenland Schweiz eine Hochseeflotte unterhält, also Schiffe unter unserer Flagge auf den Weltmeeren rumtuckern? Obwohl gemäss einigen Berichten der vergangenen Jahre in der Krise, gehören immerhin noch 49 Hochseeschiffe mit einer Gesamtkapazität von 1,7 Mio Tonnen zur Schweizer Flotte. Und diese Schiffe produzieren das 50-fache an umweltschädlichen Ausstoss wie alle Autos und alle Ölheizungen der Schweiz zusammen!
Bis dato hat man noch nie gehört, dass sich ein Schweizer Politiker oder eine Schweizer Politikerin darüber geäussert hätte oder gar Forderungen aufstellte, diese Problematik der massivsten Luftverschmutzung anzugehen. Eher schon werden wir Konsumenten zur Raison gebeten, indem man an uns immer dreistere Forderungen stellt, sei dies im Strassenverkehr, beim Bauen, bei den Abgaben usw.
Ein Bericht des Norddeutschen Rundfunks brachte mich auf die «stinkende» Problematik der Hochseeschifffahrt. Dieser nur kurze Bericht im öffentlich rechtlichen TV animierte mich, weiter zu recherchieren, und ich kam dann schnell auf Zahlen, die mich mehr als aufhorchen liessen! Erst kürzlich hat eine Naturschutzorganisation ausgerechnet, dass die 15 grössten Ozeanriesen mehr Schwefeldioxide ausstossen als alle mit fossilen Brennstoffen betriebenen Autos weltweit, das wären dann die Abgase von 760 Millionen Autos…
Fazit: ginge es nach Umweltkriterien, müssten die meisten motorgetriebenen Schiffe weltweit die Totenkopfflagge hissen.
Zudem kommt sehr aktuell die Kreuzfahrtindustrie, seit den Nuller-Jahren geht’s steil bergauf. Weltweit gibt es heute etwa 300 Kreuzfahrtschiffe mit Kapazitäten bis 5500 Passagieren, im Monatstakt kommt ein neues hinzu, die Werften sind für Jahre ausgebucht. Die Passagierzahlen sprechen für sich:
Ende 2017 ist das neue «hochmoderne» Kreuzfahrtschiff «World Dream» vom Stapel gelaufen. Dieses Schiff hat einen Tank für 3,5 Mio. Liter Schweröl. Schweröl ist ein «Abfallprodukt» aus den Raffinerien. Unser Heizöl beinhaltet 0,05 Promille Schwefel, Schweröl bis zu 4,5 Prozent, also das 90‘000-fache! Die «World Dream» stösst pro Tag 7500 Kilo Schwefeldioxid, 5250 Kilo Stickoxide und 476‘850 Kilo Kohlenmonoxid aus. Das entspricht dem Ausstoss von Abgasen wie sie 5‘000‘000 (5 Millionen!) Autos pro Tag produzieren.
Die Feinstaubdiskussion hat in Deutschland dieses Frühjahr einen neuen Höhepunkt erreicht, indem sowohl Stuttgart als auch Hamburg (was fährt dort täglich im Hafen ein und aus!) beschloss, ab 40‘000 Partikel Feinstaub pro Kubikmeter Luft auf bestimmten Strassenabschnitten ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge zu erteilen. Bei Messungen auf einem Schwesterschiff der «World Dream» wurden auf Deck bis zu 450‘000 Partikel (also über das 10-fache), in den Kabinen durchschnittlich 70‘000 Partikel gemessen. So viel zur frischen Meeresluft…
Sind wir alle derart schizophren oder werden wir einfach bewusst manipuliert? Ich gehe davon aus, denn es vergeht doch kaum ein Tag, an dem in den Medien nicht von Klimaveränderung geredet wird. Es kommt einem so vor, als dass die Obrigkeit uns dauernd ein schlechtes Gewissen einzureden versucht, wenn sie über unsere zu grosse Mobilität und den zu grossen Individualverkehr auf den Strassen herziehen, dabei bewusst die Problematik der Hauptverursacher der immer genannten Treibhausgase und Luftverschmutzung unter den Teppich kehrt.
Denn schon als Kind lernten wir: Mit einem schlechten Gewissen schläft sich’s schlecht, und die Lebensfreude geht einem verloren, also unternimmt man viel, um das Gewissen wieder zu beruhigen. Politiker nutzen genau dies aus, um immer noch mehr und noch mehr Vorschriften und Gesetze zu installieren oder einfach uns dauernd mehr abzuknöpfen.
Zu Beginn der aktuellen Ferienzeit flammte wiederum genau solch eine Diskussion auf, ausgelöst natürlich wieder von linksgrüner Seite, nämlich, dass wir alle einfach zu viel fliegen würden und dann noch vermehrt Übersee. Also «vergällen» die Eiferer uns das Fliegen, um Argumente zu sammeln beispielsweise zur Einschränkung der Flugbewegungen auf unseren Flughäfen oder dann gar um zusätzliche Abgaben sprich Steuern zu erheben.
Dazu interessante Zahlen: Rund 40'000 Handelsschiffe transportieren heute etwa 90 Prozent des weltweiten Warenverkehrs. 4500 Passagiermotorschiffe, davon 300 Kreuzfahrtschiffe fahren über die Weltmeere.
15‘000 Verkehrsflugzeuge fliegen heute weltweit. Die internationale Schifffahrt verschmutzt die Luft um ein Vielfaches des Flugverkehrs! Beim CO2-Ausstoss halten sich zwar beide Transportmittel die Waage, bei allen anderen Gasen wie Schwefeldioxid und Stickoxide übertrifft das Schiff den Luftverkehr aber ums Hundertfache!
Für mich waren und sind es immer diese Neid-Diskussionen, das war so bei der unsäglichen Offroad-Initiative, als die Grünen uns die SUV Autos verbieten wollten, jetzt mit den Flugreisen. Komischerweise zeigen sie immer auf das für sie «Sichtbare». Alles, was ausserhalb ihres Tellerrands «passiert», sehen sie nicht oder wollen nicht sehen. Dies gilt für die Problematik mit der «stinkenden» Schifffahrt genauso wie mit ihrem Vertreiben unserer mobilen Konsumenten aus den Innenstädten in die Agglomeration oder ins benachbarte Ausland, es stinkt dann vielleicht weniger in der Stadt, dafür dort wo die Grünen eben nicht hinfahren.
An dieser Stelle gestehe ich, im vergangenen Herbst selbst eine wöchige Kreuzfahrt mitgemacht zu haben, wohl wie die meisten Passagiere (noch) im Unwissen der Problematik. Auch muss ich bemerken, die Organisation und Logistik sowie das kulinarische als auch Unterhaltungsangebot haben mich sehr beeindruckt. Es war eine faszinierende Erfahrung. Zudem reise ich mindestens einmal im Jahr Langstrecke mit dem Flugzeug.
Ich schäme mich nicht dafür, wie ich mich auch nicht schäme, ein Dieselauto zu fahren, das gemäss einer Studie der Uni Stockholm eine bessere Ökobilanz aufweist als der Tesla, den unsere eingangs erwähnte Ministerin bewegt und uns damit ungewollt aufzeigt, welch kompetentes Wissen sie in Sachen Umweltschutz besitzt.
Jörg Caluori (*1953) ist freischaffend und wohnt in Niederbüren und Kapstadt.
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