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«Corona-Splitter» (14)

Gefügigkeit dank Angst

Die Angst, die benutzt wurde, um uns lockdown-gefügig zu machen, hat leider schwerwiegende Nebenwirkungen. 

Rainer Fischbacher am 26. April 2021

Wie wenig es braucht, um uns zu verändern, habe ich im Corona-Splitter 8 (ein Text über alte Menschen macht mich langsamer) und 12 (gibel gabel gubel, Availability- und Priming-Effekte) gezeigt.

Gut ein Drittel meiner derzeitigen Arbeit in der Hausarztpraxis befasst sich mit Folgen der Angstpolitik und Panikmache. Denn Angst macht alles schlimmer. Ohne Angst wäre der Ansturm auf Spitäler kleiner. Ohne Angst würden auch die Ärzte ihre Patienten weniger aggressiv behandeln bis zum letzten Seufzer. Denn Ärzte haben auch Angst, Angst, etwas falsch zu machen. Und im Zweifel kommt der Patient eben auf die Intensivstation, wo doch vor dem Spital schon die Reporter des Schweizer Fernsehens lauern.

Corona-Schmerzen, (das können Sie mir als Hausarzt glauben) sind genauso Schmerzen wie andere Schmerzen. Die wirken in unserem Schmerzsystem. Es gibt keine Corona-Nervenbahnen. Schmerzen tun nun mal verdammt weh! Und wenn jemand schon lange nicht mehr krank war, kann ihn das überraschen. Aber die Angst vor diesen Schmerzen macht den Schmerz noch schlimmer. Und diese Panik führte zur zusätzlichen Überlastung der Spitäler. Es gibt Patienten, die bereit wären, zu sterben. Aber da sie gehört haben, wie schrecklich Corona-Schmerz und Corona-Atemnot seien, wollten sie unbedingt von Corona geheilt werden, um dann lieber an einer harmlosen Grippe sterben zu dürfen.

Ein Jahr mediale Panikmache, Rapporte über tragische Einzelschicksale, konsequentes Verschweigen der vielen problemlosen Verläufe, drastisches Ausmalen von Corona-Schmerzen, Corona-.Atemnot, Corona-Schwäche, Corona-Gedächtnisverlust und Long-COVID führt zum gewünschten Ja-Nicken der verängstigten Menschen und zum unerwünschten vermehrten Konsum von Gesundheitsleistungen ambulant und stationär bis und mit Intensivstation.

Die letzten zwei Jahrzehnte haben die Palliativ-Medizin enorm vorangebracht: die lindernde Medizin, wo Heilung nicht möglich ist.

Die weltweite Corona-Politik ist das Gegenteil davon: es ist die grösste Anti-Palliativ-Massnahme in der bisherigen Menschheitsgeschichte und bei weitem noch nicht in ihrer Bedeutung korrekt estimiert worden.

Anti-palliativ bedeutet eben: Leiden vermehrend ohne Nutzen für den Leidenden.

Und unsere Politiker haben keine Ahnung, was sie mit ihrer Angstmacherei angerichtet haben! Sie wollten uns durch Angst gefügig machen. Das haben sie geschafft. Aber zu welchem Preis!

Wenn wir die nächste Krise besser bewältigen wollen, sollten wir also auf Angstmacherei verzichten. Ich weiss, liebe Journalisten, dann haben Sie weniger Sensationen und weniger zu verdienen. Und ich befürchte, meine Hoffnung auf realitätsbasierte Berichterstattung statt Sensationsmache ist naiv. Aber ohne verantwortungsvolle Journalisten wird die nächste Pandemie genauso wie die jetzige in eine soziale Katastrophe führen.

Besser wäre es, den Menschen würde von Politik und Medien weniger Angst gemacht, und die Journalisten könnten berichten, dass Hausärzte in Zusammenarbeit mit Spitex-Fachkräften Kranke zu Hause behandeln, mit Morphium vor Schmerzen schützen, mit Sauerstoff vor Atemnot, mit Cortison vor Lungenodem und mit Antibiotika vor bakteriellen Infekten. Eine Verschlechterung könnte sofort bemerkt werden und ein Spitaleintritt rechtzeitig erfolgen, würde aber viel seltener notwendig. Patienten, die zu Hause behandelt würden, hätten keine Gefahr, multiresistente Sptialkeime aufzulesen und könnten eher besucht werden von nahen Angehörigen oder wären ganz einfach erst gar nie getrennt von ihnen.

Was für eine sinnvolle Corona-Welt hätten wir ohne Lockdown bauen können!

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Autor/in
Rainer Fischbacher

Rainer Fischbacher ist Arzt in Herisau und ehemaliger Ausserrhoder Kantonsarzt.

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