Bereits in gut zwei Wochen soll es so weit sein: Im ehemaligen Gemeindealtersheim in Rehetobel werden knapp 100 Asylsuchende untergebracht. An die Ortsparteien wurden verschiedene Reaktionen herangetragen – die Skepsis ist gross.
Von zähneknirschend über verunsichert bis hin zu wohlwollend. Die Reaktionen auf die Bekanntgabe, dass im ehemaligen Altersheim in Rehetobel bald 100 Asylsuchende einen Platz finden, könnten unterschiedlicher nicht sein. Händeringend ist das Staatssekretariat für Migration (SEM) nach wie vor auf der Suche nach zusätzlichen temporären Unterkünften für Asylsuchende. Die Gemeinde Rehetobel hat in Absprache mit den Eigentümern der Liegenschaft «Haus Ob dem Holz» Hand geboten.
Reine Spekulation
Die Bevölkerung sei verunsichert und wisse nicht, was komme, fasst es Patrick Langenauer, Präsident der FDP Rehetobel, zusammen. Das SEM, der Kanton, die Gemeinde und die Polizei müssten demnach aufzeigen, was bis Ende 2024 auf die Bewohner zukommen wird. «Ob und wie das temporäre Asylzentrum in Rehetobel das öffentliche Leben tangieren wird, darüber kann nur spekuliert werden.»
Anhand von Beispielen aus anderen Kantonen könnten die Einwohner entsprechend sensibilisiert werden. Es sei zwar davon auszugehen, dass es in den nächsten Monaten zu keinen Zwischenfällen kommt, und dass die Akzeptanz im Dorf steigen wird. «Sollte es zu sicherheitsrelevanten Zwischenfällen kommen, dann könnte die Stimmung im Dorf rasch kippen», ist Langenauer überzeugt.
Nutzung bietet sich an
Die Liegenschaft «Ob dem Holz» hat die Gemeinde im Jahr 2020 an den jetzigen Besitzer verkauft. Aufgrund der Gegebenheiten sei eine Umnutzung nicht ganz einfach, entsprechende Pläne seien noch nicht ausgereift. Für die FDP ist deshalb klar, dass sich eine Zwischennutzung angesichts der Flüchtlingskrise anbietet – insbesondere deshalb, weil man bereits Erfahrungen mit ukrainischen Flüchtlingen sammeln konnte.
Dieser Meinung ist auch die SP Sektion Vorderland. «Das Bürgerheim diente fast zwei Jahre lang ukrainischen Flüchtenden als Unterkunft. Diese erlebten grosse Unterstützung durch die Rehetobler Bevölkerung», sagt Anne Zesiger Hotz.
Grosse Skepsis
Auf die neueste Entwicklung hin hat die FDP bereits Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhalten. «Meist sind sie mit grosser Skepsis in Bezug auf die Sicherheit und die grosse Anzahl Personen behaftet», sagt Langenauer. «Zudem stellt man sich die Frage, wie in einem solchen alten Gebäude so viele Personen untergebracht und feuerpolizeiliche Auflagen eingehalten werden können. Es entstehen erste Gerüchte, welchen mit klarer und rascher Kommunikation seitens der Verantwortlichen die Grundlage entzogen werden muss, falls sie nicht der Wahrheit entsprechen.»
Dies könnte an der Informationsveranstaltung vom 14. Dezember passieren, wenn das Staatssekretariat für Migration und die Gemeinde Rehetobel über die Absichten informieren werden. Die FDP hofft, dass die Anliegen und Sorgen der Dorfbevölkerung ernst genommen werden. Und dass sich, so Langenauer, «an die zeitliche Limitierung bis Ende 2024 gehalten wird.»
Zentrale Anlaufstelle
Für die Mitte Vorderland entspricht es einer langen Tradition, dass Menschen in Not beigestanden und ihnen Schutz geboten wird. Aber, erklärt Werner Rüegg, Präsident der Mitte Vorderland: «Für Rehetobel wird es sicher eine grosse Herausforderung, so viele Asylsuchende zu beherbergen. Es ist darum unerlässlich, dass eine zentrale Anlaufstelle vorhanden ist, wo sich die Einwohner:innen von Rehetobel hinwenden können.»
Diese Stelle benötige auch die notwendigen Ressourcen, um möglichst rasch bei Problemen intervenieren zu können. Die Asylsuchenden müssten über die Gepflogenheiten, Lebensweisen, der Kultur und den Umgang untereinander informiert werden. «Diese Punkte müssen eingehalten und respektiert werden», so Rüegg weiter. Sie müssten sich den Konsequenzen bewusst sein, wenn Verstösse geschehen würden. «Für uns ist es auch wichtig, dass die Asylsuchenden eine sinnvolle Beschäftigung und einen geregelten Tagesablauf haben.»
Das Beispiel von Walzenhausen zeigt, dass ein Asylzentrum mit der Leitung fällt und steht, so die Partei. «Anfängliche Ängste haben sich verflüchtigt. Es ist ruhig um den Sonnenblick geworden. Die Bevölkerung fühlt sich kaum gestört.»
Gangbare Lösung
Etwas zähneknirschend nimmt die SVP Vorderland die Pläne auf. Die Partei sei sich der Risiken von Asylunterkünften bewusst, und dass wohl die Polizei und Ambulanz auch in Rehetobel zusätzlich engagiert werden müsse, so der Präsident Philipp Zürcher. «Wenn der Kanton schon Unterkünfte anbieten muss, so ist dies eine gangbare Lösung. Erfahrungen aus dem temporären Bundesasylzentrum in Heiden und in Lutzenberg/Wienacht mit der Landegg bestätigen diese Ansicht.»
Die Unterkunft wird von privaten Eigentümern angeboten. Deshalb sei klar, dass deshalb eine Unterkunft nicht allzu lange betrieben werden könne. Der Besitzer möchte im Anschluss an diese temporäre Nutzung das Objekt als Personalhaus umbauen, so die Partei. «Wir wünschen uns von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider dringend eine Kehrtwende in der Asylpolitik, damit dieser Asyl-Flut endlich Einhalt geboten wird. Entsprechender Druck der Kantone gegenüber dem Bund wäre wünschenswert.»
Aus der Mitteilung des Staatssekretariats für Migration in Bern (SEM) vom 23.11.:
Die «Gasthaus zum Gupf AG» und das SEM sind übereingekommen, das ehemalige Gemeindealtersheim «Haus Ob dem Holz» temporär als Asylunterkunft zu nutzen. Die Unterkunft mit knapp 100 Unterbringungsplätzen geht am 18. Dezember 2023 in Betrieb. Vor dem Hintergrund des anhaltend hohen Zustroms von Flüchtenden ist das Staatssekretariat für Migration (SEM) schweizweit auf zusätzliche temporäre Unterkünfte angewiesen.
Im Rahmen der Suche nach geeigneten Unterkünften hat die Gemeinde Rehetobel dem SEM in Absprache mit den Eigentümern der Liegenschaft angeboten, das ehemalige Gemeindealtersheim «Haus Ob dem Holz» in Rehetobel im Kanton Appenzell Ausserrhoden zur Unterbringung von asylsuchenden Personen vorzusehen. Die Nutzung startet voraussichtlich am 18. Dezember 2023 und ist bis mindestens Ende 2024 vorgesehen. Die Unterkunft verfügt über eine maximale Kapazität von 96 Betten. Das SEM dankt der Gemeinde Rehetobel und dem Kanton Appenzell Ausserrhoden für deren Beitrag zur Bewältigung dieser Verbundaufgabe von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden.
Das ehemalige Gemeindealtersheim «Haus Ob dem Holz» ist seit 2020 im Besitz privater Eigentümer. Es wurde bereits zur Unterbringung von ukrainischen Schutzsuchenden genutzt, seit dem Sommer 2023 steht es leer. Welche Personengruppen in der Unterkunft beherbergt werden, hängt von den Entwicklungen im Asylbereich ab und lässt sich derzeit nicht vorhersehen.
Der Betrieb der Anlage und die Betreuung der darin untergebrachten Asylsuchenden liegen in der Verantwortung des SEM. Es steht mit dem Kanton Appenzell Ausserrhoden im Austausch. Die Zahl der untergebrachten Personen wird dem Ausserrhoder Anteil der vom Bund zugewiesenen Asylsuchenden angerechnet.
Das SEM engagiert sich zusammen mit den mandatierten Betreuungs- und Sicherheitsdienstleistern AOZ resp. Securitas AG für einen reibungslosen Betrieb der Anlage. Für die Asylsuchenden werden Beschäftigungsprogramme wie beispielsweise gemeinnützige Einsätze zur Sauberhaltung des öffentlichen Raums organisiert. Innerhalb der Unterkunft ist rund um die Uhr Sicherheitspersonal präsent, im Aussenbereich führt der mandatierte Sicherheitsdienstleister regelmässige Patrouillen durch.
Hinweis: Das SEM und die Gemeinde Rehetobel führen zur temporären Nutzung des «Hauses Ob dem Holz» als Asylunterkunft eine Informationsveranstaltung durch. Diese findet am 14. Dezember 2023 um 19 Uhr im Gemeindezentrum Rehetobel statt.
(Bild: Gemeinde Rehetobel)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.