An die 1.5 Milliarden Nutzer weltweit lassen sich monatlich von den Dauervideos der Plattform Tiktok berieseln. Die USA erwägt mittlerweile ein Verbot – mit welchen Folgen für die Ostschweiz?
Von US-Präsident Joe Biden bis hin zur Schweizer Nati: Die Plattform Tiktok ist heutzutage kaum mehr aus dem Social Media Leben wegzudenken. Die Nutzerzahlen gehen durch die Decke. Und genau hier liegt der Hund begraben. Denn US-Politiker fürchten sich um die nationale Sicherheit. Die Plattform verfüge über eine Nähe zur chinesischen Regierung und könnte zu Spionagezwecken ausgenutzt werden, so der Vorwurf. Über ein mögliches Verbot wird derzeit diskutiert.
Wichtige Plattform
Die Diskussion verfolgt die Ostschweizer Content Creatorin und Influencerin Naomi Eigenmann zwar nicht übermässig. Dennoch betont sie die Wichtigkeit solcher Plattformen für ihr Geschäftsmodell. «Da meine Selbstständigkeit grösstenteils auf Social Media basiert, sei es durch Kooperationen oder indem ich Kunden betreue und im Bereich Social Media berate, um deren Kanäle aufzubauen, würde mich ein Verbot natürlich sehr treffen», sagt sie.
Ihr Ziel ist es, die persönlichen Erfahrungen und Sichtweisen zu teilen sowie über Tabuthemen zu sprechen. «Für mich sind solche Plattformen enorm wichtig, um einerseits meine Botschaften zu verbreiten und darauf Aufmerksamkeit zu erzeugen und andererseits auch, um selbst bestimmte Dinge zu lernen.»
Suchtgefahr
Die Vorwürfe, dass Tiktok manipuliere und süchtig mache, kann sie nur bedingt nachvollziehen. Denn schliesslich würden wir selber bestimmen, welche Süchte wir zulassen würden. «Viele Menschen rauchen oder trinken täglich Kaffee, was ebenfalls als Sucht gelten kann. Andere betrinken sich jedes Wochenende, ohne zu realisieren, dass dies eine Sucht darstellt.»
Social Media könne ähnlich süchtig machen, wobei sie die Schuld nicht alleine Tiktok zuschieben würde. Es gäbe Menschen, welche die Plattform nicht nutzen und stattdessen Instagram oder YouTube bevorzugen. Letztlich mache dies jedoch keinen Unterschied. «Es kann jeder selbst entscheiden, wem er folgt und welche Inhalte er konsumiert. Menschen geben oft ihre Eigenverantwortung ab und möchten einer Plattform die Schuld zuweisen, weil es einfacher ist, anderen die Schuld zu geben.» Doch am Ende sei es eine Frage der Eigenverantwortung und des Grenzens setzen.
Kleiner Nebenerwerb
Auch der Thurgauer Comedian Kiko ist auf Tiktok unterwegs – die physische Bühne bevorzugt er aber klar. «Ich finde die Plattform gut, um meine Videos zu verbreiten. Mehr aber auch nicht», sagt er im Gespräch. Für ihn ist klar, dass Tiktok süchtig machen kann, das gelte aber auch für Facebook oder Instagram. «Tiktok hat es geschafft, den Zugang gerade für das jüngere Zielpublikum zu vereinfachen, damit sie möglichst viel Zeit darauf verbringen.»
Kiko denkt nicht, dass sich ein Verbot in den USA durchsetzen wird. Denn dann müssten auch weitere Plattformen folgen, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Ein Tiktok-Verbot würde ihn und sein Business nicht sonderlich treffen, es sei lediglich ein kleiner Nebenerwerb, welchen er mit der Plattform verdiene.
Handy weglegen
Dass Kinder und Jugendliche zu viel Zeit am Bildschirm verbringen, sei ein gesellschaftliches Problem. Viele Eltern nutzen das Handy, um ihren Nachwuchs ruhig zu stellen. «Kinder brauchen Aufmerksamkeit. Es nützt aber auch nichts, sich dem Thema völlig zu verschliessen», so Kiko. Irgendwann werde ein Teenager ohne Handy zum Aussenseiter – ein gesunder Umgang zu erlernen, sei also umso wichtiger.
Grundsätzlich verbringe auch er viel Zeit am Handy, weil viele geschäftliche Dinge anfallen würden. Deshalb versucht er, intensive Tage und Wochen zu kompensieren, und das Handy auch in ruhigeren Phasen bewusst wegzulegen.
Naomi Eigenmann sagt dazu: «Mir ist es definitiv wichtig, mal einen Abend das Handy wegzulegen und mir einfach etwas Me-Time zu gönnen, indem ich male, lese oder irgendwas Kreatives mache.» Gerade auch, weil sie berufsbedingt viele Stunden am Handy verbringe.
Generell habe sie sich auch eine Tageslimite von 90 Minuten pro App, inklusive Arbeit, gesetzt, um nicht zu viel Zeit damit zu verbringen. «Wenn ich mit Freunden oder der Familie unterwegs bin, achte ich darauf, dass das Handy im Hintergrund bleibt. Ich versuche, mich nicht ständig auf diesen Plattformen zu bewegen, vor allem, wenn ich mit Menschen zusammen bin, die nicht so intensiv Social Media nutzen wie ich.»
(Bilder: pd)
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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