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Instagram, Tiktok, LinkedIn

Von Totalverweigerern bis zu Mikro-Influencern: So fördern die Ostschweizer Gemeinden den Dialog mit der Bevölkerung

Die 2’136 Gemeinden der Schweiz wurden jüngst auf ihre Social-Media-Präsenz untersucht. Während sich die einen Ostschweizer Gemeinden (noch) vor den neuen Möglichkeiten verschliessen, gehen andere offen damit um – gerade auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel. Eine Umfrage.

Manuela Bruhin am 29. Januar 2024

Mit einem «gallischen Dorf» wurde der Kanton Appenzell Innerrhoden in der Studie verglichen, die aufzeigt, wie die Gemeinden auf Social Media präsent sind. Oder eben nicht, wie besagtes Innerrhoder Beispiel.

Anders als in Neuenburg werden im kleinen Halbkanton nämlich gar keine User angesprochen. So ist es auch in der Ausserrhoder Gemeinde Reute der Fall. Bis heute verfügt man über kein Profil bei Instagram, Facebook oder LinkedIn. Und das aus gutem Grund, erklärt Gemeindeschreiber Remo Ritter: «Bisher war keinerlei Nachfrage nach solchen Kanälen spürbar.»

Die meisten der angefragten Gemeinden sehen in den Sozialen Kanälen eine Möglichkeit, die jüngeren Menschen zu erreichen. Verpasst hier Reute also vielleicht eine wichtige Chance, gerade auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel? «Die Sozialen Medien sind derzeit kein Thema bei uns», sagt Ritter weiter. «Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass in unserer Gemeinde lediglich 700 Einwohner leben.»

Negative Meldungen häufen sich

Der Nachbarkanton Appenzell Innerrhoden ist hier bereits einen Schritt weiter. Seit diesen Tagen pflegt die Verwaltung ein Profil auf Instagram, heisst es auf Anfrage bei der Ratskanzlei. Ende 2023 wurde hingegen der Account bei X, ehemals Twitter, gelöscht. Die Situation auf der Plattform hätte sich mit dem Verkauf im Oktober 2022 grundlegend geändert, negative Meldungen würden sich häufen.

«Mit Hinweis auf die Redefreiheit reaktivierte Elon Musk viele X-Konten, die vorher wegen der Verbreitung rassistischer, transfeindlicher und gewaltverherrlichender Inhalte oder Verschwörungserzählungen gesperrt waren. Die Nutzerzahlen von X sind in der Folge markant zurückgegangen», so die Begründung der Standeskommission.

Mehr Aktivität gewünscht

Die Kantonspolizei Appenzell Innerrhoden ist auf Facebook und Instagram aktiv, das Amt für Wirtschaft auf LinkedIn. Einen Beitritt zur dieser Plattform prüft derzeit auch der Kanton Appenzell Innerrhoden. «Vereinzelt gab es innerhalb und ausserhalb der Verwaltung Stimmen, die sich mehr Aktivitäten in den sozialen Medien gewünscht haben. Die Nachfrage war aber nie gross», fasst es Michaela Inauen von der Kommunikationsstelle zusammen.

Es gebe einige Herausforderungen im Umgang mit den Sozialen Medien – gerade, was die Beschaffung von geeignetem Bild- und Videomaterial betreffe. «Ausserdem ist das Storytelling in Instagram ein anderes als etwa bei X mit der beschränkten Zeichenzahl. Die Kommunikationsstelle, welche den Content bereitstellt, bringt dafür die nötigen Ressourcen auf», so Inauen weiter. Eine Stellenaufstockung wurde hierfür aber nicht vorgenommen.

«Es wird spannend, zu beobachten, wie der Austausch mit den Followern und deren Tonfall sein wird.» Den direkten Kontakt mit der jüngeren Einwohnerschaft sehe man als Chance und hoffe, diese dadurch besser erreichen zu können. Inauen: «Ausserdem soll das Image der Verwaltung mit einer transparenten Information gestärkt werden.»

Digitaler Marktplatz

Aktiv auf den Sozialen Medien ist auch die Stadt Romanshorn. Immerhin haben im Kanton Thurgau 35 Prozent der Gemeinden einen Account bei den Sozialen Medien. Zwischen sechs bis zehn Stunden würden dafür verwendet, Beiträge auf LinkedIn, Facebook, X, Instagram und Crossiety, einem digitalen Dorfplatz, zu streuen. «Grundsätzlich stellt die Romanshorner Bevölkerung der Kommunikation der Stadt ein gutes Zeugnis aus, wie eine Bevölkerungsbefragung gezeigt hat», sagt Rolf Müller von der Kommunikationsstelle.

Doch die bisherigen Kommunikationskanäle aussen vor zu lassen, kommt für Romanshorn nicht in Frage. Vielmehr fährt die Stadt zweigleisig: mit gedruckten Informationen im amtlichen Publikationsorgan «Seeblick» sowie digital auf verschiedenen Kanälen. Eine zeitgerechte Adressierung der auch vom Alter unterschiedlichen Zielgruppen sei der Stadt wichtig. «Die Posts namentlich auf Facebook erzielen regelmässig einige Hundert Views und werden oft auch kommentiert, so dass ein Dialog entsteht», sagt Müller weiter.

Die Abozahlen bei X würden jedoch ein eher mässiges Interesse aufzeigen. Statt eines Dialogs wurde hier nur das Konsumverhalten gestillt. Die Waage zwischen Aufwand und Ertrag müsse weiterhin gewährleistet sein, so Müller. «Beiträge zu posten ist mit Aufwand verbunden. Ein Facebook-Post muss anders aufbereitet sein als einer auf Instagram.»

Ein Schaufenster der Stadt

Doch gerade im Hinblick auf den Fachkräftemangel müssen die neuen Kanäle berücksichtigt werden. Deshalb prüft Romanshorn auch den Ausbau auf Social Media. Demokratie funktioniere, wenn sich die Bevölkerung informiert fühle, partizipieren und in einen Dialog treten könne. «Und letztlich sind die Kanäle natürlich auch ein Schaufenster der Stadt mit Relevanz und Wirkung auf potenziell Interessierte an einer Tätigkeit bei der Stadt.»

Die Stadt Wil ist neu auf Tiktok vertreten. Wenn man Social Media richtig machen wolle, sei der Aufwand sicherlich nicht zu unterschätzen, sagt Michel Burtscher, Leiter der Fachstelle Kommunikation. Seit einigen Jahren unterstützen jeweils zwei Lernende der Stadtverwaltung während zwei Stunden pro Woche die Fachstelle und erstellen Inhalte für die Social-Media-Kanäle.

Bisher waren beide für Instagram im Einsatz, neu ist ein Lernender für TikTok zuständig. Das Engagement der Lernenden sei für beide Kanäle ein grosser Vorteil, so Burtscher weiter. «Sie wissen besser als wir, welche Inhalte ihre Generation dort sehen will. Und sie wissen auch, wie diese Inhalte daherkommen müssen, damit sie angeschaut werden.»

Gesellschaftliche Veränderungen spiegeln

Gemeinden mit Instagram-Account erreichen in Appenzell Ausserrhoden schweizweit am viertmeisten Einwohnerinnen und Einwohner. Über den Umgang mit den Sozialen Medien habe man sich intensiv auseinandergesetzt, sagt der Teufner Gemeindeschreiber Marcel Aeple. «Uns ist es wichtig, die gesellschaftlichen Veränderungen widerspiegeln zu können. Die herkömmlichen Informationskanäle wollen wir dennoch beibehalten.»

Seit September des vergangenen Jahres ist die Gemeinde Teufen auf Instagram aktiv, seit Dezember auf LinkedIn. «Wir haben bisher sehr gute Rückmeldungen erhalten», sagt Aeple.

Heimweh nach Teufen

Da der Beitritt noch relativ frisch sei, müsse stets daran gedacht werden, die Kanäle auch zu betreuen. Wie etwa vor einigen Wochen, als rekordmässige Schneemassen gefallen sind und man die winterlichen Szenen für ein Instagram-Foto genutzt hat. «So erhalten auch Heimweh-Teufnerinnen und -Teufner die Möglichkeit, sich über die Gemeinde zu informieren», sagt Aeple.

Die Sozialen Medien werden laut Aeple auch dafür genutzt, den Fachkräftemangel abzudämpfen. «Wir müssen proaktiv neue Wege einschlagen, und nicht einfach auf das Jammern beschränken. Auch die Verwaltung muss mit der Zeit gehen.» Trotz aller neuen Möglichkeiten dürfe eines nicht vergessen werden: ab und zu einen persönlichen Austausch zu pflegen. Denn ein Gespräch auf Augenhöhe kann auch kein Instagram-Profil ersetzen.

Kurstipp (auch für Gemeindemitarbeitende):

Die Social-Media-Fachleute des Koller.teams aus Appenzell laden zu einem eintägigen Intensivkurs. Knowhow aus der täglichen Praxis sowie mögliche Fehler werden laut Mitteilung verständlich vermittelt. «Die Kursteilnehmenden lernen, mit verschiedenen Tools umzugehen und gewinnen einen Überblick über Trends, Inhalte und Formate. Dabei wird dem Transfer von der Theorie in die Praxis ein hoher Stellenwert beigemessen.»

Der Kurs, konzipiert für Unternehmen, Vereine und Schulen, geht über die Theorie hinaus und integriert aktuelle Praxisbeispiele. «Unsere Spezialistinnen und Spezialisten befassen sich täglich mit der Konzeption, Planung und Umsetzung von Social-Media-Inhalten. Das dabei erarbeitete Wissen wird an diesem Kurs kompakt weitergegeben», erklärt Michael Koller, Geschäftsführer und Inhaber des Kollerteams.

Die Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 15 Personen garantiere eine intensive Betreuung und ermögliche den Austausch untereinander. Interessierte können sich für diesen Einblick in die Welt von Social Media ab sofort anmelden.

Weitere Informationen unter koller.team/intensivkurs

(Bild: Depositphotos.com)

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Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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