Die SVP möchte ihren Sitz in der St.Galler Regierung verteidigen und noch einen dazu gewinnen. Mit welchen Kandidaten, steht aktuell noch in den Sternen. Je länger die Partei mit der Kommunikation zuwartet, desto grösser wird die Erwartungshaltung. Offenbar muss Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Gross war die Freude nach den Eidgenössischen Wahlen bei der SVP. So gross, dass sie nochmals klar machte, dass die Partei auch in der St.Galler Regierung zwei Sitze anpeilt ‒ den bisherigen plus einen weiteren. In einem Gespräch mit «Die Ostschweiz» zeigte sich ursprünglich auch Nationalrat Mike Egger ambitioniert – dies zu einem Zeitpunkt, als er selbst noch als möglicher Kandidat gehandelt wurde.
Er aber hat sich inzwischen aus dem Rennen genommen . Wer also soll den Sitz des nicht mehr kandidierenden Regierungsrat Stefan Kölliker verteidigen? Und wer soll darüber hinaus gleich auch noch einen zweiten Sitz – wohl auf Kosten der SP – holen?
Die Ausgangslage
Sieben Personen sind im St.Galler Regierungsrat tätig.
Die SVP aktuell mit Stefan Kölliker. Er wurde im Mai 2008 gewählt und stellt sich nicht mehr zur Wiederwahl.
Die FDP mit Marc Mächler und Beat Tinner. Mächler wurde 2016 und Tinner 2020 gewählt. Beide kandidieren erneut.
Die Mitte wird vertreten durch Bruno Damann und Susanne Hartmann. Damann wurde 2016 gewählt, Hartmann 2020. Auch diese beiden kandidieren wieder.
Zwei Mitglieder der Regierung stellt bis vor Kurzem auch die SP. Laura Bucher wurde 2020 gewählt und möchte eine weitere Legislatur anhängen. Fredy Fässler war seit 2012 Teil der Regierung und hatte schon früh angekündigt, nicht mehr anzutreten. Vor wenigen Tagen hat er sein Amt wegen gesundheitlicher Probleme vorzeitig niedergelegt.
Einzig Damann muss zittern
Von den fünf Regierungsräten, die erneut kandidieren, muss einzig Gesundheitschef Bruno Damann um seine Wiederwahl zittern. Er ist der Kopf, der für die Entlassungen an den St.Galler Spitälern steht. Manche werden ihm deshalb die Stimme wohl verwehren. Dass dies zu einer Abwahl führen könnte, ist aber eher unwahrscheinlich. Damann hatte gerade während der Corona-Phase in den Augen vieler St.Gallerinnen und St.Galler auch einiges richtig gemacht und Stärke bewiesen.
Der Fokus fällt also auf den einen SVP-Sitz und jenen der SP. Klar ist der Fall bei der SP. Die Partei sendet Bettina Surber ins Rennen.
Unklar ist der Fall noch bei der SVP. Wen sie ins Rennen schickt, entscheidet die Nominationsversammlung vom Donnerstag, 7. Dezember. Wer gerne möchte, ist Sandro Wasserfallen. Er hat sich bisher als einzige Person öffentlich ins Spiel gebracht. Im Übrigen ist vor allem von Personen zu hören, die es sich überlegen oder absagen. Nach Überzeugung sieht das nicht aus.
Und dann gibt es noch die Angriffe von anderen Parteien. Da wäre etwa Kantonsrat Daniel Bosshard von den Grünen, der offiziell antritt. Auch GLP-Politikerin Sarah Noger-Engeler hat vergangene Woche ihre Kandidatur bekanntgegeben.
Die SVP hatte enorm viel Zeit
Es herrscht also Klarheit bei allen Parteien – ausser bei der SVP. Diese hat zwar hohe Ziele, aber bisher noch nicht wirklich Personen, die mithelfen sollen, diese zu erreichen. Zu wenig Zeit hatte die Partei nicht. Kölliker verkündete seinen Ausstieg nach vier Amtsdauern bereits im November 2022. Die SVP hatte also ein volles Jahr Zeit, um sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Nun bleiben ihr noch wenige Tage.
Anscheinend – so weiss «Die Ostschweiz» ‒ versucht man eine Unternehmerin als Kandidatin zu gewinnen, die bisher noch nicht politisch tätig war. Also quasi eine Wiederholung des Falls Esther Friedli, die einst auch aus dem Hut gezaubert wurde. Friedli hat sich inzwischen als Glücksgriff für die SVP erwiesen, den man wohl nur zu gern wiederholen würde. Solche Gedanken dürfte sich auch die unbekannte Unternehmerin machen. Will ich mir das antun? Und kann ich die Erwartungen erfüllen und die gesteckten Ziele erreichen?
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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