Einladung zum Pizzalunch mit Stadträtin Sonja Lüthi am schwarzen Brett der St.Galler Spitex West. (Bild: Odilia Hiller)
Ein neuer Verwaltungsrat führt ab Januar 2024 die Spitex St.Gallen. Heute Montag hat Stadträtin und Interimspräsidentin Sonja Lüthi dessen Zusammensetzung bekanntgegeben. Und betont, die Organisation sei auf gutem Weg, aber nicht über den Berg.
Das Wichtigste in Kürze:
Sonja Lüthi, St.Galler Stadträtin und Direktorin Soziales & Sicherheit bedauert, das Zepter nicht früher übernommen zu haben
Neuer Verwaltungsrat der krisengeschüttelten Spitex St.Gallen bekanntgegeben
Verbesserungen in Personalbesetzung und Betriebsabläufen
Bessere Stimmung im Betrieb trotz anhaltend angespannter Finanzlage - 2023 wird Verlust bringen
Daniel Schlegel wird neuer Verwaltungsratspräsident und strebt Effizienz und Qualität in der Organisation an
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Im Nachhinein ist man immer gescheiter. Die Binsenwahrheit zieht Sonja Lüthi, die St.Galler Stadträtin und Direktorin Soziales & Sicherheit bei, wenn sie sagt: «Ja, ich hätte früher das Zepter übernehmen sollen.» Es ist die Antwort auf eine Frage aus dem Kreis der Medienschaffenden, die an diesem Wintermontag in die Räumlichkeiten der Spitex West an der St.Galler Fürstenlandstrasse gekommen sind, um zu hören, wen die Stadträtin in den neuen Verwaltungsrat der Spitex St.Gallen beruft.
Seit dem Rücktritt des Gesamtverwaltungsrats im Juni 2023 steht die Stadträtin einem Interimsverwaltungsrat vor, dem die Ärztin Barbara Frei, der Leiter des städtischen Rechtsdienstes, Andreas Vögeli, der vom Stadtparlament gesandte Wirtschaftsprüfer Thomas Keel sowie der städtische Kommunikationschef Andreas Nagel angehören. Nun hat die Interimsverwaltungsratspräsidentin bekanntgegeben, wie die neue Führungsequipe der krisengeschüttelten St.Galler Spitex aussieht. Der neue Verwaltungsrat setzt sich ab dem 1. Januar 2024 aus folgenden Personen zusammen:
Daniel Schlegel, Ökonom, Unternehmer, Verwaltungsratspräsident
Patrik Bailer, Wirtschaftsinformatiker, CEO der Kispex Kinder-Spitex des Kantons Zürich
Alexandra Heilbronner-Haas, Dipl. Pflegefachfrau HF, Geschäftsführerin OdASanté
Thomas Keel, Wirtschaftsprüfer (bisher)
Jürg Kesselring, Neurologe, ehemaliger Chefarzt Klinik Valens
Manfred Naef, Psychologe, Psychiatriefachmann, ehemaliger Geschäftsleiter Obvita Ostschweiz
Lara Rée, Juristin, Geschäftsleiterin Spitex Zürichsee
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Bereits Anfang November hatte die Spitex die Einstellung des neuen Geschäftsführers Daniel Schwarzenbach bekanntgegeben. Der ehemalige Geschäftsführer der Spitex Aarau hat seine Tätigkeit am 1. Dezember aufgenommen, war an der Medienkonferenz des Verwaltungsrats jedoch nicht anwesend. An seiner Seite übt Esther Koller, ehemalige Geschäftsleiterin der Spitex Gossau, seit dem 1. Dezember die Leitung des Pflegedienstes aus.
Die Herausforderungen der letzten Monate
Sonja Lüthi schildert die Herausforderungen der letzten Monate und erklärt, es sei nun gelungen, den Betrieb zu stabilisieren, nachdem Anfang August die Trennung von der damals amtierenden Dreier-Co-Leitung erfolgt war. Die ausserordentlich hohe Personalfluktuation sei gestoppt und die Besetzung zahlreicher Vakanzen vorangetrieben worden. Eine «Kultur des Miteinanders» habe Einzug gehalten.
Zahlreiche Optimierungen der Prozesse innerhalb der städtischen Spitex-Organisation, die zurzeit rund 75 Mitarbeitende zählt, seien angestossen. Es werde auf mitarbeiterorientierte Dienstzeiten geachtet – so sei beispielsweise auf vielfachen Wunsch die Mittagspause verkürzt worden.
Coaching und Schulungen zur Verbesserung der Qualität der Pflegedienstleistungen wurden intensiviert, ebenso wie das sogenannte Onboarding neuankommender Mitarbeitender. Hier sei nun mehr Zeit eingeplant, um die Leute ankommen zu lassen und auf die bevorstehenden Aufgaben vorzubereiten. Die Anzahl der temporären Mitarbeitenden sei stark reduziert worden.
Nach wie vor anspruchsvolle Situation für Mitarbeitende
Der Personalaufbau werde jedoch noch weiter Zeit brauchen, was zur Folge habe, dass die Situation für die Mitarbeitenden nach wie vor anspruchsvoll sei. Wenig rosig sieht es bei den Finanzen aus: Die Spitex St.Gallen AG wird auch dieses Jahr einen Verlust schreiben. Ende Oktober betrug er etwa 400'000 Franken. Ab 2024 gehe der Verwaltungsrat von einer schrittweisen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation aus.
Einladung zum Pizzalunch mit Stadträtin Sonja Lüthi am schwarzen Brett der St.Galler Spitex West. (Bild: Odilia Hiller)
Die allgemeine Stimmung im Betrieb nimmt die Stadträtin als viel besser wahr. Fast alle seien vor kurzem an das Mitarbeiterfest gekommen. Und im Rahmen ihrer regelmässigen Pizzalunchs mit der Belegschaft stelle sie ebenfalls fest, dass es ruhiger geworden sei. Dennoch sei es ihr nach wie vor ein Anliegen, den Mitarbeitenden zuzuhören, weshalb sie auch am Tag der Medienkonferenz wieder einen Lunch durchgeführt hat.
Über 100 Bewerbungen
Für die Mandate im Verwaltungsrat seien über 100 Bewerbungen eingegangen, sagt die Stadträtin. Es seien sehr viele Gespräche geführt und die Berufungsverfahren für Präsidium und Verwaltungsrat (VR) voneinander abgetrennt worden.
Daniel Schlegel, ab 1. Januar 2024 neuer Verwaltungsratspräsident - die Zustimmung des Aktionariats vorausgesetzt - sei an der Wahl der VR-Mitglieder beteiligt gewesen, um sicherzustellen, dass die Runde zusammenpasse. Für sie selber sei es eine aufwendige Zeit gewesen, sie habe jedoch wertvolle Einblicke gewinnen können, so Sonja Lüthi. Zwar sei der Aufwand schwer zu beziffern, sie habe aber sicher einen Tag pro Woche der Spitex gewidmet.
Der St.Galler sagt, als ehemaliger Deloitte- und Accenture-Berater sei er nun in einer Phase angelangt, wo es Zeit sei, «etwas zurückzugeben». Der Ökonom verfügt über Erfahrung Bereich Gesundheitswesen und Versicherungen und führt ein Beratungsunternehmen, das ebenfalls in der Branche tätig ist. Auch ist er Stiftungsrat der Fondation Sana in Bern, einer Stiftung für Gesundheitsförderung, Forschung und Prävention, dies im Auftrag der Mehrheitseigentümerin Helsana.
Entschlacken und Fundament legen
Seine Absicht sei es, die Spitex zu entschlacken und das Fundament für künftiges Wachstum zu legen, indem der eingeschlagene Kurs der vergangenen Monate fortgesetzt werde. Eine mitarbeiterorientierte Kultur sei ihm ebenso wichtig wie ein klarer Fokus auf die Qualität der Dienstleistungen und die Verbesserung der Attraktivität der Spitex St.Gallen als Arbeitgeberin. Auch werde er die Vernetzung mit anderen Leistungserbringern, dem Staat und weiteren Anspruchsgruppen vermitteln.
Einen weiteren Lehrblätz der vergangenen turbulenten Jahre nennt Sonja Lüthi zum Schluss: «Der Spitex-Verwaltungsrat wird nicht operativ tätig sein.»
(Bilder: Odilia Hiller)
Odilia Hiller aus St.Gallen war von August 2023 bis Juli 2024 Co-Chefredaktorin von «Die Ostschweiz». Frühere berufliche Stationen: St.Galler Tagblatt, NZZ, Universität St.Gallen.
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