Die mittlere Prämie für die obligatorische Krankenkasse wird im Jahr 2024 in der Schweiz 359,50 Franken pro Monat betragen, was einem Anstieg um 8,7 Prozent im Vergleich zu 2023 entspricht. Dies meldet das Bundesamt für Gesundheit (BAG). In der Ostschweiz steigen die Prämien überdurchschnittlich.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat am Dienstag die neuen Krankenkassenprämien veröffentlicht. Auf die Prämienzahlenden kommen im Jahr 2024 markant höhere Kosten für die obligatorische Krankenpflegeversicherung zu.
«Grund für den hohen Prämienanstieg sind die Gesundheitskosten. Diese sind seit dem 2. Halbjahr 2021 und insbesondere dieses Jahr stärker gestiegen als erwartet. Mehr Arztbesuche, mehr ambulante Spitalleistungen, mehr und teurere Medikamente haben zu diesen hohen Kosten geführt. Kostendämpfung bleibt daher eine zentrale Aufgabe für alle Akteure, damit die Gesundheitsleistungen für die Bevölkerung finanzierbar bleiben», so das BAG.
Der Prämienanstieg trifft auch die Ostschweizer Kantone. Ausser in Appenzell Innerrhoden steigen die monatlichen Prämien im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt überdurchschnittlich:
Kanton St.Gallen: im Schnitt 8,9 Prozent Anstieg
Kanton Thurgau: im Schnitt 9,5 Prozent Anstieg
Kanton Appenzell Ausserrhoden: im Schnitt 10,1 Prozent Anstieg
Kanton Appenzell Innerrhoden: im Schnitt 6,5 Prozent Anstieg
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Schweizweit wird die mittlere Monatsprämie im Jahr 2024 359,50 Franken betragen, was einem Anstieg von 28,70 Franken (8,7 Prozent) im Vergleich zu 2023 entspricht. Die mittlere Prämie für Erwachsene steigt um 33,80 Franken (8,6 Prozent) auf 426,70 Franken. Diejenige für junge Erwachsene erhöht sich um 23,80 Franken (8,6 Prozent) auf 300,60 Franken. Die mittlere Prämie für Kinder steigt gegenüber 2023 um 8 Franken (7,7 Prozent) auf 111,80 Franken.
Verschiedene Faktoren verantwortlich für die Kostensteigerung
Hauptgrund des hohen Prämienanstiegs ist der starke Anstieg der Gesundheitskosten. Denn die Prämien widerspiegeln die Kosten. Im ersten Halbjahr 2023 sind die Kosten verglichen mit dem ersten Halbjahr 2022 um 6,4 Prozent gestiegen. Für das laufende Jahr erwarten die Versicherer einen Kostenanstieg von 5,3 Prozent und für 2024 wird ein weiteres Kostenwachstum von 3,4 Prozent erwartet.
Diese starke Kostenzunahme ist laut BAG auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen: Die alternde Bevölkerung, neue Medikamente und Behandlungen sowie eine Zunahme der Gesundheitsleistungen, beispielsweise ambulante Spitalleistungen oder bei der Physiotherapie.
Bei den ambulanten Spitalleistungen sind die Kosten pro versicherte Person (+ 8,5 Prozent) im Jahr 2022 stärker gestiegen als bei den Arztpraxen (+5,1 Prozent). Die Anzahl Arztbesuche pro Patientin und Patient ist stabil, aber die Kosten pro Arztbesuch steigen. Bei den stationären Spitalleistungen – die 19 Prozent der Kosten der obligatorischen Krankenversicherung (OKP) ausmachen – ist die starke Kostenentwicklung teilweise auf eine Verzögerung der Abrechnungen von Vorjahresleistungen der Spitäler und der Rehabilitationskliniken wegen einer neuen Tarifstruktur zurückzuführen. Ein Anstieg der Taxpunktwerte im ambulanten Spitalbereich ist in verschiedenen Kantonen zu beobachten.
22 Prozent für Medikamente
Die Medikamente machen im Jahr 2022 22 Prozent der Kosten der OKP aus. Das Kostenwachstum ist bei den Medikamenten im ambulanten Bereich mit 5,5 Prozent auf konstant hohem Niveau. Im Jahresvergleich wachsen die Medikamentenkosten aber stärker als die restlichen Kosten.
Krebsmedikamente, Immunsuppressiva und Antidiabetika wachsen am stärksten und sind im Jahr 2023 für 50 Prozent des Kostenanstiegs pro versicherte Person verantwortlich. Neuzulassungen mit speziell hohen Preisforderungen und zu häufig eingesetzte Originalpräparate hätten auch einen Einfluss auf das Kostenwachstum, schreibt das BAG.
Reduktion der Reserven
Starke Nachholeffekte nach der Pandemie hätten zu höheren Kosten und damit zu einem Verlust aus der Versicherungstätigkeit von 1,7 Milliarden Franken im Jahr 2022 geführt. Hinzu kam ein Anlageverlust in Höhe von 1,8 Milliarden aufgrund der schwierigen Situation an den Kapitalmärkten, was einer Anlagerendite von minus 11 Prozent entspricht.
Die Verluste wurden vollständig von den Reserven getragen. Sie sind in der Folge per Anfang 2023 auf branchenweit 8,5 Milliarden Franken gesunken. Insgesamt verfügen die Versicherer über ausreichend Reserven, aber das Polster zur weiteren Dämpfung der Prämienentwicklung ist nicht mehr vorhanden.
Zusammensetzung des Prämienanstiegs
Der hohe Prämienanstieg auf 2024 lässt sich laut BAG auf mehrere Faktoren zurückführen. Zusätzlich zur erwarteten Kostensteigerung 2024 gebe es einen Nachholbedarf. Einerseits würden die Prämien die Kosten 2023 nicht decken, da die Kosten höher seien als erwartet.
Zudem hätten überdurchschnittlich viele Versicherte den Grundversicherer gewechselt oder eine höhere Franchise gewählt, um ihre Prämienbelastung zu senken. Die Prämien seien in der Folge 2023 mit durchschnittlich 5,4 Prozent weniger stark gestiegen als angekündigt (6,6 Prozent). Die dadurch tieferen Prämieneinnahmen müssten nun bei der Berechnung der Prämienentwicklung 2024 mit einbezogen werden.
Und schliesslich müsse auch die Kostensteigerung 2024 berücksichtigt werden. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) habe eingehend geprüft, ob die von den Versicherern eingereichten Prämien die gesetzlichen Vorschriften erfüllen. Wo nötig, wurden Anpassungen verlangt. Alle Prämien wurden genehmigt.
Die Kostendämpfung bleibt eine Daueraufgabe
Die Schweiz verfügt über ein ausgezeichnetes Gesundheitssystem. Aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts und der demografischen Entwicklung werden die Gesundheitskosten auch in Zukunft weiter steigen. Dieser Kostenanstieg muss auf das medizinisch begründbare Mass beschränkt werden, ohne die Qualität der Versorgung zu vermindern.
Wechsel der Grundversicherung
Die Krankenversicherer haben bis Ende Oktober Zeit, um die Versicherten über die Prämien 2024 zu informieren. Danach können die Versicherten bis Ende November ihre Grundversicherung wechseln oder ihr Versicherungsmodell anpassen. In der Grundversicherung müssen die Krankenversicherer jede Person aufnehmen.
Die Website www.priminfo.ch wurde überarbeitet und beinhaltet insbesondere folgende Dienstleistungen:
Einfach anzuwendender Prämienrechner: Alle Prämien und Vergünstigungen (z. B. Reserveabbau) sämtlicher Krankenkassen sind übersichtlich aufgeführt. Die Versicherten können die Prämien nach ihrer Höhe sortieren und damit ihr Einsparpotenzial berechnen
Die Rubrik «Prämienberatung» mit Informationen zum Thema Krankenversicherung, Tipps zum Prämiensparen und mit Musterbriefen
Prämienübersichten
Antworten auf häufige Fragen (FAQ) sowie Kontaktmöglichkeiten (Hotline des BAG)
Zum ersten Mal stehen auch Texte in einfacher und leichter Sprache zur Verfügung
Zum ersten Mal stehen auch Videos in Gebärdensprache für gehörlose Menschen zur Verfügung
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Alle Prämiendaten können zudem vom Open-Data-Portal heruntergeladen werden (www.opendata.swiss).
Für spezifische Fragen zu individuellen Prämien und Versicherungspolicen für 2024 ist grundsätzlich der entsprechende Krankenversicherer zuständig. Er ist zu einer unentgeltlichen Beratung und Information gesetzlich verpflichtet. Die Krankenversicherer sind für die Festlegung der Prämien verantwortlich und können detailliert über die Veränderung spezifischer Prämien informieren. Das BAG prüft, ob die Prämien den gesetzlichen Anforderungen genügen.
(Symbolbild: Depositphotos)
Odilia Hiller aus St.Gallen war von August 2023 bis Juli 2024 Co-Chefredaktorin von «Die Ostschweiz». Frühere berufliche Stationen: St.Galler Tagblatt, NZZ, Universität St.Gallen.
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