logo

Ostschweizer leben ihren Traum

Thurgauer Auswanderer sagen: «Hier in Bangkok haben wir ganz andere Möglichkeiten»

Über 70 Länder hat das Thurgauer Paar Silvan Meier und Veronica Pérez bereist – um schliesslich seine Ostschweizer Heimat gegen Bangkok einzutauschen. Ob die Familie ihre Zukunft längerfristig dort plant, ist aber noch ungewiss.

Manuela Bruhin am 09. Januar 2024

Der Zeitpunkt hätte wohl nicht schwieriger sein können. Als Corona im Jahr 2020 so richtig Fahrt aufnahm, sass Familie Meier im Kanton Thurgau auf gepackten Koffern. Die Wohnung war gekündigt, ebenso die Jobs, der Haushalt aufgelöst.

Dass ausgerechnet eine weltweite Pandemie den Auswanderungsplänen in die Quere kommen könnte, damit hatte die Familie nicht gerechnet. «Unser älterer Sohn hätte im August mit dem Kindergarten starten sollen», erinnert sich Veronica Pérez im Gespräch mit «Die Ostschweiz» zurück.

Silvan Meier

Auswanderer aus dem Thurgau: Silvan Meier.

Abwarten? Oder würde das Ziel Bangkok in noch weitere Ferne rücken? Diese Frage stellte sich das Paar unzählige Male, bis es dann doch noch schnell ging. «Innerhalb weniger Wochen haben wir schlussendlich unser Visum erhalten, die Auswanderung konnte starten», sagt Silvan Meier.

Mehr als 70 Länder bereist

Wagemutig war das Paar schon immer. Zusammen bereisten Silvan und Veronica Meier bereits über 70 Länder. «Wir haben stets gearbeitet, um uns die nächste Reise zu ermöglichen», so Silvan Meier. Längere Zeit hielt die beiden nichts in der Schweiz. Zu gross war das Feuer, das in ihnen loderte. «Die Welt hat so vieles zu bieten. Uns geht es nicht darum, schöne Selfies zu machen und sie über die Sozialen Medien zu teilen. Wir möchten wirklich die Menschen dort und ihre Kultur kennenlernen», so Silvan Meier.

Eines Tages fassten beide schliesslich den Entschluss, ihren Wohnort dauerhaft ins Ausland zu verlegen. Mehrere Länder kamen dafür in Frage, am Ende hat Thailand das Rennen gemacht. «Wegen der Kinder waren uns Stabilität und Sicherheit am neuen Ort sehr wichtig», sagt Veronica Pérez. Als Silvan Meier das Inserat der Schweizer Schule in Bangkok las, setzten sie alles auf eine Karte – und der Wunsch ging in Erfüllung.

Freundliche Menschen

Mittlerweile sind über dreieinhalb Jahre vergangen, und die Familie ist endgültig in Bangkok angekommen. Die Coronapandemie ermöglichte es ihnen, ihre neue Heimat ohne Touristen ausgiebig zu erkunden. Und auch heute noch ist die Familie oft und gerne unterwegs – weil Thailand einfach sehr viel biete. «Hier gibt es eine wunderschöne und abwechslungsreiche Natur, viele freundliche Menschen. Wir haben schon so viel erleben dürfen – das stimmt uns sehr dankbar», sagt Veronica Pérez.

Auch die Kinder schätzen ihre neue Heimat. Gerade der fünfjährige Sohn Jamiro habe kaum mehr Erinnerungen an die Schweiz. Der achtjährige Jimmy hingegen wünscht sich, demnächst die Schweiz besuchen zu können - wenn es hier so richtig kalt ist und Schnee liegt. «Für die beiden ist jedoch Bangkok ihre Heimat», sagt Veronica Pérez.

Auch von Thailand aus wird gereist

Die Reiselust ist auch in Bangkok nicht einfach versiegt. Gerade ist die Familie von einer Reise nach Australien zurückgekehrt. «Ein grosser Wunsch von uns ist es, einmal Japan kennenzulernen», sagen beide einstimmig. Ob sie langfristig in Bangkok bleiben, wissen sie derzeit noch nicht. «Wir leben hier unseren Traum», sagt Silvan Meier. «Aber wenn wir ein Angebot eines anderen Landes erhalten würden, warum nicht?»

Nach den Jahren im Ausland haben die beiden auch die Schweiz nochmals neu schätzen gelernt. Die Sauberkeit etwa, oder die wunderschöne Natur mit dem Säntis und dem Bodensee. «Wir sind nach wie vor stolz, Schweizer zu sein. Auch wenn wir nicht mehr da leben», sagt Silvan Meier.

Nicht alles ist Gold, was glänzt

Auch im Ausland ist nicht alles Gold, was glänzt. Man müsse, gerade in der Anfangszeit, hart arbeiten, und das Einleben sei nicht von heute auf morgen erledigt. Die Familie hatte aber das Glück, von Nachbarn und den Menschen in Bangkok sehr wohlwollend aufgenommen worden zu sein.

Die Sprache jedoch ist die grosse Knacknuss. Zwar hat Silvan Meier einen Kurs besucht – doch redet er Thai nur bedingt. Und das aus gutem Grund. «Alle reden Englisch mit uns», sagen beide und lachen. «Deshalb ist es eine grosse Herausforderung, sich einmal auf Thai verständigen zu können.»

Für ihn als Sprachlehrer war das in gewisser Weise ein «Ahaerlebnis» - hatte er früher doch immer angenommen, dass Expats die Sprache schnell und einfach lernen sollten. Arbeite man jedoch den ganzen Tag, und die Familie warte abends, sei es gar nicht so einfach, genug Zeit für das Erlernen der neuen Sprache zu finden – und das Gelernte dann auch umzusetzen.

FCSG-Spiele zu nachtschlafender Zeit

Nach wie vor war es für die Familie Meier die richtige Entscheidung, nach Bangkok zu gehen. Auch wenn man gewisse Sachen in der alten Heimat vermisse. Nebst dem Essen, Familie und Freunden ist das für Silvan Meier beispielsweise der FC St.Gallen.

Wegen der Zeitverschiebung finden die Spiele für ihn zu nachschlafender Zeit statt – und trotzdem lässt er sich diese Freude nur selten entgehen. Lachend sagt er: «Wüssten die Spieler, wie auch auf der anderen Seite der Erde mitgefiebert wird, würden sie wohl noch viel mehr Gas geben!»

Hinweis: Heute Dienstagabend startet die neue Staffel auf 3+ «Adieu Heimat – Schweizer wandern aus» ab 20.15 Uhr.

(Bilder: 3+)

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.