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Ostschweizer Satire

Weibel wirbelt auf: Durchschnittliche Rekordjagd

Ralph Weibel hat keine Angst anzuecken. Er sieht Sachen, die andere nicht sehen, und sagt Dinge, die andere nicht sagen. In der Rubrik «Weibel wirbelt auf» nimmt er uns mit auf eine Reise durch die Absurditäten des Alltags. Heute nimmt er sich den Bodensee-Pegel unter die Lupe.

Ralph Weibel am 19. März 2024

Es wäre eine böswillige Unterstellung, den Mainstream-Medien die gezielte Propaganda von Klimapanik zu unterstellen. Aber bei der aktuellen Schlagzeile im März: «Bodensee-Pegel ist ungewöhnlich hoch für diese Jahreszeit», mache ich mich sofort auf die Suche nach meinen Gummistiefeln. Diese hatte ich im vergangenen Juni, und dem erschütternden Titel im gleichen Medium: «Trotz nassem Wochenende: So tief war der Bodensee-Pegel zu dieser Zeit noch nie», irgendwo im Keller entsorgt. Beiden Artikeln gemein ist die Erkenntnis, dass es bei viel Niederschlag mehr Wasser im Bodensee hat und, man halte sich fest, bei geringerem Niederschlag weniger. Es darf gestaunt werden.

Offensichtlich macht uns alles Angst, was von der Norm abweicht und diese manifestiert sich im Durchschnittswert. Leider gibt es diesen überhaupt nicht. Zu dieser epochalen Erkenntnis kam ich mit einem bahnbrechenden Selbstversuch. Ich trank am Montag 2 Bier. Am Dienstag 4, mittwochs 6, dann 8, 10 und am Samstag waren es schon 12 Biere. Am Sonntag konnte ich keines trinken, weil ich bei der Polizei in der Ausnüchterungszelle sass. Insgesamt trank ich in dieser Woche demnach 42 Biere an sechs Versuchstagen. Und jetzt kommt es, Trommelwirbel: Im Durchschnitt trank ich täglich 7 Biere. Nur trank ich an keinem einzigen Tag dieser Woche 7 Biere, sondern immer mehr oder weniger.

Nachdem mein Alkoholpegel wieder auf Null ist, kommen wir zurück zum Bodenseepegel, respektive die Logik von Journalistinnen und Journalisten. Sie sind ständig auf der Jagd nach Rekorden. Eine Schlagzeile wie «Weibel trinkt Bier» ist in etwa so spannend wie «Der Bodensee hat einen Pegelstand». Schreibt man aber am Montag: «Weibels Bierkonsum auf dem Tiefststand – droht Brauereien das Aus?» steigen die Klick- und Verkaufszahlen. Dazu wird ein Bierbrauer befragt, der sich angesichts des unterdurchschnittlichen Konsums ernsthafte Sorgen um seine Branche macht und dringend eine Taskforce fordert. In diesem Extremfall das Einschreiten des Bundesrates, der umgehend Subventionen beschliesst und mir das Bier frei Haus liefert.

Mitte der Woche lobt sich die Zeitung selbst für ihren investigativen Journalismus mit der Titelgeschichte: «Dank gehobenem Pegel: Weibels Austrocknung verhindert – Brauereien gerettet». Die Bevölkerung ist beruhigt. Bis zur Wochenendausgabe. Die Schlagzeile «Historischer Höchststand – Weibel säuft sich in die Ausnüchterungszelle», begleitet meinen Selbstversuch zur Erklärung des Durchschnittes.

Die KESB und die Suchtberatung schalten sich ein. Umgehend werde ich eine Entzugsklinik eingewiesen. Parallel dazu wird ein Präventionsprogramm gegen den Missbrauch von Alkohol lanciert, was die Steuerzahler Millionen kostet. Und das alles nur, weil sich der Bodensee nicht so verhält, wie wir es von ihm erwarten.

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Autor/in
Ralph Weibel

Der Stadt-St. Galler Ralph Weibel pflügt sich seit über 30 Jahren als Bühnenautor durch die Medienlandschaft. Mehrere Jahre produzierte er zudem die Satirezeitschrift «Nebelspalter».

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