Wie bereits am Sonntag angekündigt, tritt SP-Ständeratskandidatin Barbara Gysi auch im zweiten Wahlgang an. Damit wird es am 30. April sicherlich zu einem Duell zwischen der SVP und der SP kommen. Offen ist, wie sich die FDP entscheidet.
Der Deal zwischen den Grünen und der SP wurde im Vorfeld des ersten Wahlgangs vom 12. März offiziell kommuniziert. Jene Ständeratskandidatin, die mehr Stimmen erzielt, tritt erneut an – die Unterlegene zieht sich zurück. 17.2% der Stimmen verbuchte Franziska Ryser (Grüne), nur geringfügig weniger als Barbara Gysi (SP) mit 17.5%
Unmittelbar nach Bekanntgabe der Resultate gab folglich Ryser ihren Verzicht auf eine Kandidatur für den zweiten Wahlgang bekannt. Und Gysi überraschte mit der ebenfalls unmittelbaren Aussage, erneut antreten zu wollen. Einige warfen Gysi vor, vorgeprescht zu sein, ohne die Resultate analysiert zu haben.
Während sich SVP-Kandidatin Esther Friedli über ihre 43,9% Stimmenanteil freute, fiel Susanne Vincenz von der FDP zwischen Stuhl und Bank. Ihre 21.2% waren akzeptabel. Aber würden sie ausreichen, um bei einer Dreier-Kandidatur (SVP, FDP und SP) den erstmaligen Einzug der St.Galler SVP in die kleine Kammer zu stoppen?
Beim zweiten Wahlgang wird jene Person mit den meisten Stimmen gewählt. Schafft es Friedli erneut, so viele Wählerinnen und Wähler für sich zu mobilisieren?
Susanne Vincenz war denn am Wahltag und an den Tagen darauf auch kein klares Statement zu entlocken, ob sie erneut antreten wird. Mit ihrer Aussage in einem Interview am 14. März im SRF-Regionaljournal, versuchte sie schliesslich, das Spiel wieder an sich zu reissen. Sie verkündete, sich eine Kandidatur ernsthaft zu überlegen, sollte sich Gysi zurückziehen. Was im Grundsatz nicht anderes heisst, als: Wenn Gysi verzichtet, steigt Vincenz nochmals ins Rennen.
Gegenüber «Die Ostschweiz» doppelte Vincenz nach: «Nüchtern betrachtet haben sich im ersten Wahlgang 66% der Wählerinnen und Wähler für eine bürgerliche Vertreterin ausgesprochen.» Entsprechend kann gemäss Vincenz der Wunsch des Stimmvolks dahingehend interpretiert werden, dass es im zweiten Wahlgang zu einer Stichwahl zwischen der SVP und der FDP kommen sollte. «Ziehen sich die Linken zurück, so können sie mit ihrer Stimmmacht massgeblich mitentscheiden, wer in die kleine Kammer einzieht.»
Nun also der Entscheid von Barbara Gysi und der SP. Wie die Partei nach der Delegiertenversammlung vom Dienstagabend mitteilt, ist man entschlossen, mit Barbara Gysi die «St.Galler Erfolgsgeschichte im Ständerat fortzuführen».
35 Prozent linksgrün seien eine gute Ausgangslage für den 2. Wahlgang, um das erfolgreiche St.Galler Ständeratsmodell der geteilten Standesstimme weiterzuführen. «Ein erheblicher Bevölkerungsteil wünscht sich eine Ständerätin mit sozialem und ökologischem Gewissen. Darüber hinwegzusehen, kommt für die SP nicht infrage», teilt sie mit. Dies sahen auch die Delegierten am ausserordentlichen Parteitag im St.Galler Textilmuseum so. Sie nominierten Barbara Gysi einstimmig für den zweiten Wahlgang am 30. April.
Für die SP sei klar, dass der Einzug von Esther Friedli in den Ständerat zwingend verhindert werden müsse. «Nun gilt es, alle Kräfte zu mobilisieren. St.Gallen darf nicht von einer rechten Hardlinerin vertreten werden», so Joel Müller, Vize-Präsident der SP Kanton St.Gallen. «Wir müssen noch stärker hervorheben, dass Esther Friedli nicht die gemässigte Politikerin ist, als die sie sich im Wahlkampf ausgibt. Als Programmchefin der SVP ist sie für den rechten, knallharten Parteikurs verantwortlich, der die Gesellschaft spaltet.»
Nun stellt sich die Frage: Was macht die FDP? Was macht Susanne Vincenz-Stauffacher? Tritt sie erneut an? Oder zieht sie sich zurück?
Die Parteileitung der FDP trifft sich am Abend des 15. März zu einer Sitzung.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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