Regierungsmitglieder im Kanton St.Gallen sollen nicht gleichzeitig im Bundeshaus sitzen dürfen. Das fordert die SVP-Fraktion im Kantonsrat mit einer dringlichen Motion. Geändert werden soll ein bald 80-jähriges Gesetz. Der Zeitpunkt des Vorstosses ist kaum zufällig.
Wenn die Kandidatur von Benedikt Würth (CVP) für den Ständerat eine Schwachstelle hat, dann ist es sein Bienenfleiss. Dass er temporär Ständerat und Regierungsrat (und Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen) bleiben will, wird ihm von vielen Seiten angelastet. Würth selbst verweist - nicht zu Unrecht - darauf, dass er nicht der erste wäre, der das so handhabt.
Die SVP, vermutlich nicht ganz uneigennützig, springt nun auf den Zug auf. Nicht mit einer Kritik an Würth, sondern mit einem Angriff auf das System. Ihre Kantonsratsfraktion fordert mit einer dringlichen Motion, die gesetzlichen Grundlagen aus dem Jahr 1940 zu ändern. Und war so, dass ein kantonales Regierungsamt und ein Einsitz im nationalen Parlament nicht mehr länger miteinander vereinbar sind.
Oder einfacher gesagt: Regierungsratsmitglieder könnten dann nicht mehr länger auch im Stände- oder Nationalrat sitzen, auch nicht vorübergehend, wie es Würth plant.
Es kommt nicht von ungefähr, dass die SVP gerade jetzt mit dem Thema vorstellig wird. Bei der Begründung des Vorstosses geht Die Partei auf den konkreten Fall von Benedikt Würth ein. Dieser wolle gemäss seiner Aussage bei einer Wahl am 10. März (oder im 2. Wahlgang) bis Mai 2020 Regierungsrat bleiben. Dann endet die ordentliche Legislatur.
«Eine solche Konstellation ist mit einer ordentlichen, seriösen Amtsführung unvereinbar und daher nicht im Interesse des Kantons», schreibt die SVP-Fraktion. Offenbar hat sie der aktuelle Fall so in Rage gebracht, dass sie nun auf Gesetzesebene einen Riegel schieben will.
Beziehungsweise: Da die SVP mit Mike Egger einen eigenen Kandidaten stellt, ist es für sie praktisch, Würth nun beim einzig angreifbaren Punkt zu attackieren.
Die heutige gesetzliche Grundlage, die regelt, was mit dem Amt eines Regierungsrats vereinbar beziehungsweise unvereinbar ist, ist fast 80 Jahre alt. Aus Sicht der SVP ist sie überholt. Die Arbeit in politischen Ämtern sei komplexer geworden, die Anforderungen und der zeitliche Einsatz höher als damals. Deshalb müsse ein Mitglied der Regierung «seine ganze Arbeitskraft auf seine Arbeit als Regierungsrat konzentrieren.»
Es wird spannend sein zu sehen, wie die anderen Parteien mit dem Vorstoss umgehen. Die CVP kann schlecht sagen, die geltende Regelung sei nicht richtig, da sich ihr Ständeratskandidat auf diese beruft. Auch die FDP hatte mit Karin Keller-Sutter vorübergehend eine Regierungsrätin, die gleichzeitig Ständerätin war. Ob es vor diesem Hintergrund zu einer Mehrheit reicht, ist offen.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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