Bund und Parlament wollen regionale Medienmonopole im Namen der Medienvielfalt mit Steuergeldern im hohen zweistelligen Millionenbereich vergolden. Widersprüchlicher geht es nicht. Es ist, also ob man versuchen würde, dem Lädelisterben mit Milliardensubventionen für Migros und COOP entgegenzutreten.
Am 13. Februar stimmt das Schweizer Volk über das Medienpaket ab. Zusätzlich zu den bereits heute ausbezahlten Subventionen möchten Bundesrat und Parlament Verlagshäuser mit einer zusätzlichen Milliarde Schweizer Franken bedienen. Dies verteilt auf sieben Jahre. Total fliessen in diesem Zeitraum direkt und indirekt rund vier Milliarden Franken an private Medienunternehmen.
Anfangs Dezember lancierte Bundesrätin Sommaruga die staatliche Ja-Kampagne. Und dies mit der gewohnten Vernebelungstaktik. Laut Sommaruga stehen die kleineren und mittelgrossen Zeitungen und Onlinemedien, die Berichterstattung in ländlichen Regionen und kleineren Städten im Fokus des Medienpakets. In Tat und Wahrheit geht jedoch der überwiegende Teil der staatlichen Gelder an die vier grossen Medienkonzerne, die Tagesanzeiger-Gruppe, Ringier, CH Media und NZZ.
Wie zu erwarten war, wird der staatliche Geldsegen nicht mit schnödem Gewinnstreben, sondern mit edlen Motiven begründet. Es soll, so Sommaruga, um nicht mehr und nicht weniger als um die Medienvielfalt in der Schweiz gehen. Die Tageszeitungen werden als Garanten der Medienvielfalt verkauft. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre.
Nehmen wir die Ostschweiz. Hier gab’s noch vor wenigen Jahrzehnten alleine in der Stadt St. Gallen drei Tageszeitungen. Die regionalen Interessen deckten unabhängige Titel wie die Thurgauer Zeitung, die Wiler Zeitung oder der Werdenberger& Obertoggenburger ab. Dies alles ist Geschichte. Einige wenige Regionaltitel wie der Rheintaler leisten sich noch eine eigene lokale Berichterstattung. Alles andere, inklusive Lokalfernsehen und Lokalradio, kommt heute aus dem Hause Tagblatt, ferngesteuert von CH Media mit Sitz im Kanton Aargau.
Und nun soll dieses regionale Medienmonopol im Namen der Medienvielfalt mit Steuergeldern im zweistelligen Millionenbereich staatlich vergoldet werden. Widersprüchlicher geht es nicht. Es ist, also ob man versuchen würde, dem Lädelisterben mit Milliardensubventionen für Migros und COOP entgegenzutreten.
Dies alles weiss auch der Bundesrat. Nur, bei den bundesrätlichen Medienkonferenzen geht es nicht um Fakten, sondern um Staatspropaganda. Dabei setzen die PR-Profis in der Bundesverwaltung auf die Binsenwahrheit, dass man die Kleinen besser mag als die Grossen. Small is beautiful. Eine Strategie, die bereits bei No-Billag funktionierte. Obwohl es primär um die SRG-Milliarden ging, liessen sich die Subventionsjäger der lokalen Fernsehstationen für einen bescheidenen Anteil an den Zwangsgebühren vor den SRG-Karren spannen. Ein klassisches Eigentor. Heute beklagen die regionalen Medien die übermächtige Konkurrenzierung durch die öffentlich-rechtlichen Sender.
Entgegen den bundesrätlichen Verlautbarungen ist die Medienvielfalt nicht in Gefahr. Dank dem Internet findet heute auf allen möglichen Kanälen ein intensiver Meinungsaustausch statt. Digitale Medien, Online-Pattformen und soziale Kanäle fordern die politische Klasse und die mit ihr verbandelten Medienkonzerne heraus. Dass der damit verbundene Kontrollverlust in Bundesbern keine Begeisterung auslöst, liegt auf der Hand.
Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass eine echte Demokratie nicht von strukturerhaltenden Subventionen lebt, sondern von echter Vielfalt, zukunftsorientierten Projekten sowie von mutigen Unternehmerinnen und Unternehmern. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Dies gilt auch für erfolgsverwöhnte Medienkonzerne. Gut so. Deshalb: Keine Steuermilliarden für Medienmillionäre.
Bild: Gerd Altmann auf Pixabay
Kurt Weigelt, geboren 1955 in St. Gallen, studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bern. Seine Dissertation verfasste er zu den Möglichkeiten einer staatlichen Parteienfinanzierung. Einzelhandels-Unternehmer und von 2007 bis 2018 Direktor der IHK St.Gallen-Appenzell. Für Kurt Weigelt ist die Forderung nach Entstaatlichung die Antwort auf die politischen Herausforderungen der digitalen Gesellschaft.
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