Ein Elektronikschrank des neuen Stellwerks am AB-Bahnhof in St. Gallen.
Die Appenzeller Bahnen (AB) testen die «Tango»-Züge auf der Neubaustrecke durch den Ruckhaldetunnel. Mit dabei: Das weltweit erste Stellwerk «in the cloud».
Seit anfangs September sind auf der Neubaustrecke durch den Ruckhaldetunnel die neuen «Tangos» sichtbar. Bevor am 7. Oktober der fahrplanmässige Betrieb aufgenommen wird, finden zurzeit Testfahrten und Feinabstimmungen statt. Doch auch hinter den Kulissen prägt die Modernisierung den Alltag der AB. Siemens nutzt die Testphase, ein neues, digitales Stellwerk zu testen und somit den Beweis zu erbringen, dass ein Stellwerk von ihrem Standort Wallisellen aus über ein öffentliches Datennetz sicher und zuverlässig betrieben werden kann. Der Versuchsbetrieb wurde vom Bundesamt für Verkehr (BAV) bewilligt und läuft seit Beginn störungsfrei.
Stellwerk gestern, heute, morgen
Ein Stellwerk ist eine Anlage zur Steuerung des Bahnbetriebs. Es stellt Weichen, Signale, Schranken und Blinklichter bei Bahnübergängen zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es ist das Herz eines sicheren Bahnbetriebs. Während bis vor wenigen Jahrzehnten noch an jeder Kreuzungsstelle eine eigene Anlage stand, die weitgehend manuell bedient werden musste, wurde später die Intelligenz des Systems zentral untergebracht.
Von der zentralen Stelle verliefen schwere Kupferkabel zu den einzelnen Anlageteilen wie Schienen und Weichen entlang des Streckennetzes. Im Rahmen der Modernisierung der AB sind die Anlagen auf den neusten Stand der Technik gebracht worden: Dünnes Glasfaserkabel ersetzt dickes Kupferkabel, kleine Elektronikschränke ersetzen grosse Technikräume. Das spart Ressourcen in der Beschaffung und im Unterhalt.
Mit dem Konzept, Stellwerke als Service-Dienstleitung anzubieten, testet Siemens bei den AB die nächste Stellwerk-Generation. Die Rechnereinheit des Stellwerks steht physisch nicht mehr vor Ort bei der Bahn, sondern in einem gesicherten Technikraum am Standort in Wallisellen. Die Datenverbindung ist mit bewährten Verschlüsselungsgeräten abgesichert. Eine Rückfallebene kann im Ereignisfall aktiviert werden. Nach Abschluss der laufenden, weltweit erstmaligen Testphase wird Siemens das digitale Stellwerk Anfangs Oktober 2018 zurückbauen und die Erkenntnisse des Versuchs in die Weiterentwicklung der Stellwerke einfliessen lassen.
Ein Elektronikschrank des neuen Stellwerks am AB-Bahnhof in St. Gallen.
Neustes Zugbeeinflussungssystem
Die Zugbeeinflussung ist eine weitere Sicherheitseinrichtung, welche beim Fahrzeug und in der Schiene eingebaut ist und miteinander kommuniziert. Die Zugbeeinflussung ZSI 127 ersetzt das vorhandene Zugsicherungssystem ZST 90. Mit Kontrollpunkten im Gleis, in der Fachsprache Balisen genannt, wird dem Fahrzeug rechtzeitig mitgeteilt, wenn ein Signal rot zeigt, ein Bahnübergang nicht richtig geschlossen ist oder die Geschwindigkeit reduziert werden muss.
Das fahrzeugseitige Kontrollsystem überwacht nun den durch den Lokführer eingeleiteten Bremsvorgang und stellt sicher, dass die Bremskurve den Zug noch vor dem Gefahrenpunkt zum Halten bringt. Falls der Bremsvorgang zu gering ist, wird der Lokführer akustisch gewarnt oder wenn nötig leitet das System umgehend eine Schnellbremsung ein. Die neuen Züge auf dem Streckennetz der AB sind mit dieser neusten Zugbeeinflussungstechnik ausgerüstet. Das erhöht die Sicherheit der Fahrgäste weiter. Parallel dazu wurde ein grosser Teil der Anlagen im Schienenbereich bereits mit der modernsten Technik ausgerüstet. Weitere Ersatzmassnahmen erfolgen in Zusammenhang mit Bauarbeiten wie z.B. Bahnhofsumbauten.
Besichtigung Stellwerk-Elektronikschränke am Eröffnungsfest
Im Rahmen des Eröffnungsfestes der Appenzeller Bahnen zeigen Fachleute von Siemens interessierten Personen Elemente des neuen Stellwerks am AB-Bahnhof in St. Gallen. Startzeit alle 20 Minuten, Dauer der Führung ca. 15. Minuten. Eine Anmeldung ist erforderlich und vor Ort möglich. Das Eröffnungsfest findet am Samstag, 6. Oktober 2018 von 10-18 Uhr an diversen Schauplätzen zwischen dem AB-Bahnhof St. Gallen und dem Riethüsli statt.
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