Die Verbrüderung zwischen FDP und SP, die sich in Ausserrhoden anbahnt, verwundert auch in den Reihen der FDP den einen oder anderen. Der ehemalige Ausserrhoder Regierungsrat Ueli Widmer machte an der Feier für die neue Kantonsratspräsidentin Kathrin Alder eine Bemerkung, die aufhorchen liess.
1992 wurde er mit 31 Jahren zum damals jüngsten Mitglied einer Regierung gewählt: Ueli Widmer aus Trogen. Das war der Auftakt für eine weitere steile Karriere. 1998 verliess Widmer die Ausserrhoder Regierung und trat das Amt als Direktor des Bundesamts für Raumplanung an. Später wechselte er in die Privatwirtschaft, konkret in die Geschäftsleitung des Baustoffherstellers Kibag.
Widmer wohnt inzwischen in Wollerau, ist aber dem Kanton Appenzell Ausserrhoden nach wie vor stark verbunden. Der ehemalige Baudirektor des Kantons ist aber nicht bekannt dafür, dass er sich in die Politik seiner alten Heimat einmischt. Nur eine Ausnahme machte er vor einigen Jahren: Als es um die Einführung des Proporzwahlsystems für den ganzen Kanton ging, äusserte er sich pointiert dagegen.
Vor wenigen Tagen kehrte Ueli Widmer nach Herisau zurück, um für die gewählte Kantonsratspräsidentin Kathrin Alder (FDP) eine Laudatio zu halten. Sie ist eine Parteifreundin von Widmer, und seine launige Rede zeigte, dass er dieser Aufgabe gern nachkam. Er sprach wohlwollend über Alder, doch viele der Anwesenden horchten vor allem bei einer Randbemerkung auf.
Widmer erwähnte sinngemäss, er sehe die FDP eher an der Seite der SVP als an der der SP, die von Verstaatlichung träume und das Geld ausgebe, das andere verdienen.
Damit wurde offensichtlich: Widmer verfolgt das politische Geschehen in Ausserrhoden immer noch - und er ist nicht einverstanden mit der aktuellen Strategie seiner Partei, für die Nationalratswahlen ein Bündnis mit der SP einzugehen.
«Die Ostschweiz» hat bei Ueli Widmer nachgefragt: Wie ist seine Bemerkung einzuordnen?
Der ehemalige Regierungsrat betont, es liege ihm fern, der Ausserrhoder FDP aktiv in die Belange zu reden, nachdem er nun doch viele Jahre seinen Wohnsitz in einem anderen Kanton hat. Gleichzeitig sei er nach wie vor Mitglied der Ortspartei Trogen und mache sich seine Gedanken, weil ihm viel an Ausserrhoden liege.
Die Pläne der FDP, Seite an Seite mit der SP eine Nationalratskandidatur gegen Amtsinhaber David Zuberbühler aufzubauen, stossen bei Widmer auf kein Verständnis. «Nimmt man die Parteiprogramme, so sieht man, dass es zwischen FDP und SP so gut wie keine Schnittstellen gibt», sagt er. FDP und SVP hingegen würden sich nur in einigen wenigen Themen widersprechen, bei den entscheidenden Fragen gebe es aber grosse Gemeinsamkeiten.
Es spreche für ihn als Freisinnigen nichts dagegen, eine Nationalratskandidatur der FDP aufzubauen, so Widmer weiter - wenn es sich um eine Person handle, die FDP-Positionen vertrete. Gehe man aber mit der SP ins Boot, sei das kaum möglich. «Einfach aus Prinzip einen Nationalrat zu bekämpfen, der seine Sache engagiert macht und bei Abstimmungen meist in der Nähe der FDP ist, macht für mich keinen Sinn», erklärt Widmer.
An der Feier für Kantonsratspräsidentin Kathrin Alder sorgte die kurze Bemerkung von Ueli Widmer für den einen oder anderen roten Kopf. Man hörte es nicht gern, dass das eigene Zugpferd der 90er-Jahre den aktuellen Kurs in Frage stellt. Denn die FDP Ausserrhoden ist wild entschlossen, die Schmach von 2015 auszumerzen und mit einer eigenen Kandidatur für die Abwahl von David Zuberbühler zu sorgen. Die echte Aufgabe würde aber wohl erst danach folgen: Die gewählte Person müsste dann mit ihrer eigenen Politik auch die Bedürfnisse der SP befriedigen.
Und das dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein. Beim Abstimmungsverhalten beispielsweise ist davon auszugehen, dass ein FDP-Nationalrat mit Ausnahme einzelner Fragen wie der Ausländerthematik so gut wie immer so stimmen würde, wie es auch Zuberbühler bereits getan hat. Die FDP hätte ihren Sitz zurück, die Nationalratsstimme bliebe bürgerlich - und die SP hätte den Steigbügelhalter gespielt ohne Gegenwert.
Widmer selbst ist gespannt, wen die FDP im August auf den Schild heben würde. Seinen Ausführungen ist es anzuhören: Eine Kandidatur um der Kandidatur Willen hält er für falsch - und Zuberbühler offensichtlich nicht für ein so grosses Übel: «Auf jeden Fall viel besser als einFDP Nationalrat oder eine FDP-Nationalräton, der oder die immer nach links zur SP schielt.»
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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