Nicht der Staat muss die Medien kontrollieren, sondern die Medien den Staat. Wo privat drauf steht, muss auch privat drin sein. Das geplante Medienpaket baut die Rolle des Staats massiv aus. – Ein Gastbeitrag des St.Galler Ständerats Benedikt Würth (Die Mitte).
Dieser Gastbeitrag entstammt dem Referat von Ständerat Benedikt Würth im Rahmen der Medienkonferenz des Referendumskomitees «Nein zu staatlich finanzierten Medien».
Vor 30 Jahren habe ich zum letzten Mal bei einem Referendum mitgemacht. Sie können davon ausgehen, dass der Schwellenwert für ein Mitmachen bei mir sehr hoch liegt. Es ist auch nicht so, dass ich medienpolitisch an politischen Rändern verortet bin. Ich war beispielsweise mit Überzeugung gegen die «No Billag»-Initiative.
Wieso bin ich mit derselben Überzeugung gegen dieses neue Medienpaket? Mir sind klare Rollen wichtig. Bei der SRG ist es klar: es handelt sich um eine öffentliche Unternehmung. Sie wird durch Zwangsabgaben finanziert. Dieses Konzept ist mehrfach demokratisch legitimiert und wir sind mittlerweile auch daran, der eidgenössischen Finanzkontrolle entsprechende Kompetenzen für die Prüfung der SRG zu geben. Vor diesem Hintergrund ist das System transparent. Die Konsumentinnen und Konsumenten wissen, woran sie sind.
Bei diesem Medienpaket mit den deutlich ausgebauten Subventionen ist es genau umgekehrt. Bereits heute ist nicht transparent, wer in welchem Masse von der indirekten Medienförderung profitiert. Die privaten Verlage verstehen sich als Vertreter des privaten Unternehmertums. Das ist auch richtig so. Andernfalls sind sie gar nicht in der Lage, die Rolle als 4. Gewalt im Staat wahrzunehmen. Nicht der Staat muss die Medien kontrollieren, sondern die Medien den Staat. Wo privat drauf steht, muss auch privat drin sein.
Das Medienpaket vermischt nun die Rollen auf inakzeptable Weise und baut die Rolle des Staats massiv aus.
Am meisten stört, dass mit diesem Paket ein eigentlicher Paradigmenwechsel eingeleitet wird. Erstmals in der Geschichte der Medienpolitik gibt es mit dem neuen Bundesgesetz über die Förderung von Online-Medien nicht nur eine indirekte Förderung, sondern auch eine direkte, an den Umsatz gekoppelte Subvention - direkt aus der Bundeskasse. Meine Erfahrung – insbesondere als Finanzdirektor des fünftgrössten Kantons - haben mich Folgendes gelehrt.
a) Die Förderung wird sicher nicht befristet bleiben. Bereits am letzten Samstag konnte man lesen, dass die Befürworterinnen und Befürworter von links schon jetzt über das bestehende Paket hinaus eine «Strategie für die Transformation in die moderne, digitale Medienwelt» entwickeln. Im Übrigen sei dazu angemerkt: Der Hauptteil der Gewinne der Medienkonzerne stammen schon heute aus dem Digitalbereich.
b) Die Förderung wird früher oder später ausgebaut. Weiter gehende Forderungen sind in der Debatte auch an die Räte getragen worden.
c) Wer direkte Subventionen bekommt, muss auch damit rechnen, dass der Subventionsgeber – der Staat – früher oder später konkrete Auflagen definiert.
Insbesondere der letzte Punkt ist medien- und staatspolitisch ausserordentlich gefährlich und zeigt, dass die Medien bei dieser Förderung ihr wichtigstes Gut – nämlich ihre Glaubwürdigkeit - verlieren.
Um eine staatliche Förderung zu rechtfertigen, braucht es ein öffentliches Interesse.
Wie kam es überhaupt zur direkten Online-Förderung? Das heisst zur Idee, dass der Staat Online-Abonnemente mit 60 % des Ertrags subventionieren soll?
Der Bundesrat sagte dazu:
1. Wenn man den Print fördert, muss man Online auch fördern. Dieses Junktim ist sachlich in keiner Weise belegt bzw. gerechtfertigt.
2. Das öffentliche Interesse der Stärkung der Demokratie rechtfertigt den staatlichen Geldfluss.
Hier gilt es, genauer hinzuschauen: Wenn dem Bundesrat und dem Parlament das Argument der Demokratie-Stärkung wirklich ein Anliegen gewesen wäre, dann hätte man die Gratismedien nicht aus der Medienförderung ausschliessen dürfen. Diese Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich unzulässig, was der renommierte Staatsrechtler Prof. Paul Richli klar bestätigt hat.
Neuste Studien der Universität Zürich belegen, dass in der Schweiz lediglich 13% der Bevölkerung bereit sind, ein Online-Abonnent zu kaufen.
Läge Bundesrat und Parlament tatsächlich die Stärkung der Demokratie am Herzen, müsste man sich wohl vielmehr überlegen, wie gratis erhältliche Medien zu stärken sind, denn Fakt ist, dass bei dieser angeblich demokratierelevanten Vorlage die allermeisten Menschen aussen vor bleiben.
Letztlich stellt sich die Frage: Woher nimmt sich der Staat das Recht, in einem Markt das eine Geschäftsmodell gegenüber einem andern zu privilegieren? Die Ungleichbehandlung zwischen Bezahl- und Gratismedien zeigt eine bedenkliche staatliche Vorbefassung. Von Neutralität gegenüber dem Mediensektor kann keine Rede sein. Hier wird ganz offensichtlich und gezielt Wettbewerbsverzerrung betrieben. Wer hat, dem wird gegeben. Dadurch wird derjenige, der nichts bekommt, doppelt bestraft. Denn: die einen werden gefördert, für die andern verschlechtert sich die Wettbewerbsposition. Das kann nicht ernsthaft als moderne Medienförderung bezeichnet werden.
Fazit:
Dieses Paket ist ein Paradigmenwechsel in der Medienförderung. Der eingeschlagene Weg ist medien- und staatspolitisch ein Irrweg. Bundesrat und Parlament gehen von der falschen Annahme aus, dass diese Marktveränderung ein Marktversagen ist. Dieses Paket muss an den Absender zurückgeschickt werden.
Benedikt Würth (*1968) amtete von 2011 bis 2020 als St.Galler Regierungsrat. Im Mai 2019 wurde er als Nachfolger von Karin Keller-Sutter in den Ständerat gewählt. Der CVP-Politiker wohnt in Rapperswil-Jona, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
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