logo

Gemeinde hält an Konzept fest

Wattwil wirft den Spitalverbunden «Widersprüche» vor

Der Gemeinderat Wattwil bezieht Stellung zu den jüngsten Verlautbarungen der St.Galler Spitalverbunde. Er sei «irritiert über weiteres Vorpreschen des Verwaltungsrats». Die Gemeinde stellt zudem klar, dass man am selbst ausgearbeiteten Konzept fürs Spital festhält.

Stefan Millius am 14. Mai 2019

In den letzten Tagen haben sich verschiedene Seiten zur St.Galler Spitalpolitik geäussert. Die Aufregung ist vor allem im Toggenburg gross, denn das Spital Wattwil soll mächtig Federn lassen - noch bevor klar ist, wie die künftige Spitalstrategie aussieht (siehe Beiträge unten).

Nun äussert sich auch die Standortgemeinde, konkret der Gemeinderat von Wattwil. Und seine Stellungnahme lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Der Verwaltungsrat der Spitalverbunde treibe die Politik vor sich her und erzwinge «irreversible Entscheide, welche die medizinische Grund- und Notfallversorgung im Toggenburg akut gefährden», heisst es. Und weiter: «Die Politik muss diesem verantwortungslosen Handeln Einhalt gebieten.»

Schon nach der Entscheidung eines Baustopps am Spital Wattwil gingen die Wogen hoch, und diese «Denkpause» wurde inzwischen auf unbestimmte Zeit verlängert. Im Toggenburg herrscht Angst, dass die Baumaschinen gar nie mehr auffahren werden. Dazu kommt, dass per 1. November laut jüngstem Beschluss in Wattwil nicht mehr operiert wird. Immer mehr Leistungen konzentrieren sich damit in Wil.

In diesem Zusammenhang greift der Wattwiler Gemeinderat zu deutlichen Worten. Der Verwaltungsrat agiere abstrus, denn die Kapazitäten seien mit einem neu gebauten Operationssaal in den letzten Monaten noch vergrössert worden. Diese Investition werde nun «gleich wieder in den Sand» gesetzt.

Der Wattwiler Gemeindepräsident Alois Gunzenreiner tritt in diesem Drama in einer Doppelrolle auf. Er steht zugleich an der Spitze des Vereins, der sich für den Erhalt des Spitals stark macht. Er ist es denn auch, der in der aktuellen Stellungnahme zu Wort kommt - und im Grunde eine kaum verklausulierte Rücktrittsforderung stellt.

Gunzenreiner schreibt: «Der Spitalverwaltungsrat zieht seinen Plan durch. Er zeigt kein Interesse an der vielzitierten Ergebnisoffenheit. Einmal mehr tritt er die Sorgen der Bevölkerung und die Nöte der Mitarbeitenden mit Füssen und desavouiert den Strategieprozess, den die Regierung definiert hatte. Das ist auch demokratiepolitisch äusserst bedenklich. Der Verwaltungsrat verdient damit kein Vertrauen mehr.»

Der Frust sitzt umso tiefer, als man in Wattwil den Abbau- oder Schliessungsplänen keineswegs tatenlos zugesehen hat. Der Gemeinderat liess zusammen mit Experten ein Alternativmodell für das Spital ausarbeiten. Dieses nennt sich «Integrierte Gesundheitsversorgung Toggenburg». Voraussetzung dafür ist, dass das Spital Wattwil in eine selbständige Trägerschaft überführt wird.

Gunzenreiner beruft sich nun auf ein Versprechen der St.Galler Regierung, dass man Vorschläge der Standortgemeinden in die Arbeit an der neuen Spitalstrategie einfliessen lassen werde. Darauf vertraue man weiterhin. In Wattwil wünscht man sich offensichtlich, dass die Regierung entsprechenden Druck auf den Lenkungsausschuss ausübt, der an dieser Strategie arbeitet.

In der zweiten Hälfte Mai soll es ein Treffen geben, bei dem diskutiert wird, ob und wie das Wattwiler Alternativmodell in die Strategie einbezogen wird.

Im zweiten Teil der Stellungnahme listet der Gemeinderat «bedenkliche Widersprüche» auf, die er erkannt haben will:

Zeitdruck versus Baustopp: Mit der «Denkpause» wollen die Spitalverbunde dafür sorgen, dass nichts gebaut wird, was dann in einer neuen Strategie vielleicht nicht nötig ist. In Wattwil sieht man das anders: Weil für die nächsten ein bis zwei Jahre am Spital Wattwil nichts mehr gehen soll, werde sich die Situation weiter verschlechtern, die Motivation des Personals sinke, es werde schwieriger, Ärzte zu finden, und damit führten diese Massnahmen «einzig hin zur Schliessung des Spitals».

Ergebnisoffenheit versus 4-Standorte-Konzept: Der derzeitige Prozess soll laut dem Verwaltungsrat der Spitalverbunde «ergebnisoffen» verlaufen. Gleichzeitig sieht aber das 4-Standorte-Konzept vor, nur noch vier Spitäler mit stationären Leistungen zu haben. Das sei nicht ergebnisoffen, das seien vollendete Tatsachen, so der Gemeinderat.

Sicherheit versus Unsicherheit: Hier bemängelt der Gemeinderat, dass nach wie vor keine Gesamtstrategie bekannt ist, man aber mit «erzwungenen Einzelmassnahmen» die Handlungsfreiheit für die Zukunft raube. Statt mehr entstehe weniger Sicherheit bei Patienten, Bevölkerung und der Belegschaft.

Alleingang versus Einbezug der Betroffenen: Die jüngsten Entscheidungen seien nicht zusammen mit den Betroffenen ausgearbeitet worden, jedenfalls nicht im Fall von Wattwil, hält der Gemeinderat fest. Aber die Kommunikation der Spitalverbunde habe diesen Eindruck vermittelt.

Einige Highlights

Uzwilerin mit begrenzter Lebenserwartung

Das Schicksal von Beatrice Weiss: «Ohne Selbstschutz kann die Menschheit richtig grässlich sein»

am 11. Mär 2024
Im Gespräch mit Martina Hingis

«…und das als Frau. Und man verdient auch noch Geld damit»

am 19. Jun 2022
Das grosse Gespräch

Bauernpräsident Ritter: «Es gibt sicher auch schöne Journalisten»

am 15. Jun 2024
Eine Analyse zur aktuellen Lage

Die Schweiz am Abgrund? Wie steigende Fixkosten das Haushaltbudget durcheinanderwirbeln

am 04. Apr 2024
DG: DG: Politik

«Die» Wirtschaft gibt es nicht

am 03. Sep 2024
Gastkommentar

Kein Asyl- und Bleiberecht für Kriminelle: Null-Toleranz-Strategie zur Sicherheit der Schweiz

am 18. Jul 2024
Gastkommentar

Falsche Berechnungen zu den AHV-Finanzen: Soll die Abstimmung zum Frauenrentenalter wiederholt werden?

am 15. Aug 2024
Gastkommentar

Grenze schützen – illegale Migration verhindern

am 17. Jul 2024
Sensibilisierung ja, aber…

Nach Entführungsversuchen in der Ostschweiz: Wie Facebook und Eltern die Polizeiarbeit erschweren können

am 05. Jul 2024
Pitbull vs. Malteser

Nach dem tödlichen Übergriff auf einen Pitbull in St.Gallen: Welche Folgen hat die Selbstjustiz?

am 26. Jun 2024
Politik mit Tarnkappe

Sie wollen die angebliche Unterwanderung der Gesellschaft in der Ostschweiz verhindern

am 24. Jun 2024
Paralympische Spiele in Paris Ende August

Para-Rollstuhlfahrerin Catherine Debrunner sagt: «Für ein reiches Land hinkt die Schweiz in vielen Bereichen noch weit hinterher»

am 24. Jun 2024
Politik extrem

Paradox: Mit Gewaltrhetorik für eine humanere Gesellschaft

am 10. Jun 2024
Das grosse Bundesratsinterview zur Schuldenbremse

«Rechtswidrig und teuer»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnt Parlament vor Verfassungsbruch

am 27. Mai 2024
Eindrucksvolle Ausbildung

Der Gossauer Nicola Damann würde als Gardist für den Papst sein Leben riskieren: «Unser Heiliger Vater schätzt unsere Arbeit sehr»

am 24. Mai 2024
Zahlen am Beispiel Thurgau

Asylchaos im Durchschnittskanton

am 29. Apr 2024
Interview mit dem St.Galler SP-Regierungsrat

Fredy Fässler: «Ja, ich trage einige Geheimnisse mit mir herum»

am 01. Mai 2024
Nach frühem Rücktritt: Wird man zur «lame duck»?

Exklusivinterview mit Regierungsrat Kölliker: «Der Krebs hat mir aufgezeigt, dass die Situation nicht gesund ist»

am 29. Feb 2024
Die Säntis-Vermarktung

Jakob Gülünay: Weshalb die Ostschweiz mehr zusammenarbeiten sollte und ob dereinst Massen von Chinesen auf dem Säntis sind

am 20. Apr 2024
Neues Buch «Nichts gegen eine Million»

Die Ostschweizerin ist einem perfiden Online-Betrug zum Opfer gefallen – und verlor dabei fast eine Million Franken

am 08. Apr 2024
Gastkommentar

Weltweite Zunahme der Christenverfolgung

am 29. Mär 2024
Aktionswoche bis 17. März

Michel Sutter war abhängig und kriminell: «Ich wollte ein netter Einbrecher sein und klaute nie aus Privathäusern»

am 12. Mär 2024
Teuerung und Armut

Familienvater in Geldnot: «Wir können einige Tage fasten, doch die Angst vor offenen Rechnungen ist am schlimmsten»

am 24. Feb 2024
Naomi Eigenmann

Sexueller Missbrauch: Wie diese Rheintalerin ihr Erlebtes verarbeitet und anderen Opfern helfen will

am 02. Dez 2023
Best of 2023 | Meine Person des Jahres

Die heilige Franziska?

am 26. Dez 2023
Treffen mit Publizist Konrad Hummler

«Das Verschwinden des ‘Nebelspalters’ wäre für einige Journalisten das Schönste, was passieren könnte»

am 14. Sep 2023
Neurofeedback-Therapeutin Anja Hussong

«Eine Hirnhälfte in den Händen zu halten, ist ein sehr besonderes Gefühl»

am 03. Nov 2023
Die 20-jährige Alina Granwehr

Die Spitze im Visier - Wird diese Tennisspielerin dereinst so erfolgreich wie Martina Hingis?

am 05. Okt 2023
Podcast mit Stephanie Stadelmann

«Es ging lange, bis ich das Lachen wieder gefunden habe»

am 22. Dez 2022
Playboy-Model Salomé Lüthy

«Mein Freund steht zu 100% hinter mir»

am 09. Nov 2022
Neue Formen des Zusammenlebens

Architektin Regula Geisser: «Der Mensch wäre eigentlich für Mehrfamilienhäuser geschaffen»

am 01. Jan 2024
Podcast mit Marco Schwinger

Der Kampf zurück ins Leben

am 14. Nov 2022
Hanspeter Krüsi im Podcast

«In meinem Beruf gibt es leider nicht viele freudige Ereignisse»

am 12. Okt 2022
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.