Weil ein Leser für eine Ausgabe der Gratiszeitung «20minuten» nur 16 Minuten gebraucht hat, will er nun den Verlag verklagen.
Gerold Rüttimann aus Bürglen (TG) hat auf Anraten seines Anwalts Strafanzeige gegen die Tamedia AG eingereicht, den Verlag, der unter anderem die kostenlose Pendlerzeitung «20 Minuten» herausgibt.
Rüttimann, bekennender Nichtleser, hat gemäss seiner Schilderung der Lage am 18. April dieses Jahres am Bahnhof Stadelhofen «aus einem Impuls heraus» eine Ausgabe von «20 Minuten» aus der Zeitungsbox genommen und begann, diese zu lesen.
Wider Erwarten sei die Lektüre stellenweise «interessant und informativ» gewesen. Nachdem er das Blatt ausgelesen hatte, stellte der pensionierte Braumeister fest, dass 16 Minuten vergangen waren. Für ihn liegt hier ein klarer Fall von Konsumententäuschung vor. «Wenn man mir in Aussicht stellt, dass ich mit einem Produkt 20 Minuten verbringen kann, es aber nur 16 Minuten sind, ist das klar irreführend», so Rüttimann.
Sein Anwalt Samuel Wittibschlager teilt diese Einschätzung. Im Prinzip lasse sich das vergleichen mit dem Haltbarkeitsdatum von Lebensmitteln: «Die von meinem Mandanten genutzte Zeitung verspricht eine Mindest-Haltbarkeit von 20 Minuten, aber sie war nach bereits 16 Minuten nicht mehr zu gebrauchen.»
Ein Tamedia-Sprecher widerspricht dieser Darstellung. Zum einen sei eine Zeitung auch nach der Lektüre noch nutzbar – «als Fliegenklatsche, zum Ausstopfen von Schuhen oder für Kleisterbasteleien.» Zum anderen sei gar nicht belegt, dass Rüttimann wirklich die ganze Zeitung gelesen und nicht allenfalls gewisse Artikel nur überflogen habe.
Der Anzeigensteller wiederum weist diese Behauptung zurück. Er habe alles gelesen und sogar das Sudoku gelöst, «was allein 12 Minuten gedauert hat». Sollte die Strafanzeige erfolgreich sein, überlegt sich Gerold Rüttimann, den Ringier-Verlag ins Visier zu nehmen. «Ab 16 Uhr eine Zeitung zu verteilen, die sich ‘Blick am Abend’ nennt: Das ist doch massiv verfälschend», so der Pensionär.
* In unserer Serie Fake News präsentieren wir regelmässig garantiert unwahre Geschichten.
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