«Die Ostschweiz» hat den Namen vor über zwei Monaten ins Spiel gebracht, nun wird er doch noch aktuell. Die FDP Speicher will ihr Mitglied Jennifer Abderhalden für den Nationalrat ins Rennen schicken. Nun ist die Frage, wie der Vorschlag bei den kantonalen Delegierten ankommt.
Über Monate hinweg hatte die FDP Ausserrhoden Geheimniskrämerei betrieben darüber, mit wem sie in die Nationalratswahlen geht. Eine «Granate» habe man in petto, raunten sich führende Freisinnige gegenseitig zu, der Name blieb aber unter Verschluss.
«Die Ostschweiz» machte am 24. Juli publik, dass es sich um Daniela Merz handeln musste, eine Herisauer Unternehmerin mit lokalpolitischer Vergangenheit - und die Schwiegertochter von alt Bundesrat Hansrudolf Merz. Kurz darauf bestätigte die FDP diese These, allerdings verbunden mit der Mitteilung, dass Merz aus gesundheitlichen Gründen nun doch nicht antreten konnte.
Seither war die Frage gewesen, ob im letzten Moment noch eine Kandidatur aus dem Hut gezaubert werden könnte. Die FDP Speicher versucht das jetzt mit Jennifer Abderhalden, wie die FDP AR in einer Mitteilung bekanntgibt. Auch ihren Namen hatte unsere Zeitung als erste ins Feld geführt. Doch nachdem der Name von Daniela Merz durchgesickert war, schien Abderhalden nicht mehr die erste Wahl, sie verschwand aus dem Fokus.
Und nun steht sie wieder im Zentrum. Die Delegierten der FDP AR werden am 16. August darüber befinden, ob sie den Vorschlag der FDP Speicher gutheissen. Das Problem: Nach der Kandidatur Merz, die mit so grossem Brimborium unter Verschluss gehalten wurde, scheint jede andere wie eine Verlegenheitslösung. Im Fall von Merz wäre es wirklich die zitierte «Granate» gewesen: Eine weitherum bekannte Frau mit politischer Erfahrung mit unternehmerischem Hintergrund und einer sozialen Ader - wählbar für FDP und SP.
Demgegenüber kennt man Jennifer Abderhalden vor allem als einer der führenden Köpfe der Frauenzentrale Ausserrhoden. Die Juristin und Betriebswirtschafterin hat ohne Frage das Rüstzeug und ist mit 41 Jahren im besten Alter. Aber sie hat kaum den Bekanntheitsgrad von Merz. Und der Verlauf der Dinge lässt es so wirken, als müsste die FDP nun um jeden Preis doch noch eine Kandidatur herauspressen, nachdem es mit Merz nicht geklappt hatte. Das dürfte Abderhalden trotz eines starken beruflichen Profils schaden.
Immerhin: Entscheidet sich die FDP tatsächlich, mit Jennifer Abderhalden ins Rennen zu gehen, dürfte sie die SP an ihrer Seite haben. Diese wird kaum einer Kandidatin aus den Reihen der Frauenzentrale im Weg stehen. So würde dann das viel diskutierte «Päckli» zwischen FDP und SP doch noch zustande kommen - einfach mit einer anderen Kandidatin.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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