Alle warten darauf, dass FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher ihre Kandidatur für den Ständerat verkündet. Es könnte aber anders kommen. Die Zeichen deuten eigentlich klar auf Regierungsrat Marc Mächler als Kandidaten hin.
Rasch machte nach dem ankündigten Rücktritt von SP-Ständerat Paul Rechsteiner mit Blick auf die Ersatzwahl der Begriff «Frauenwahl» die Runde. Durchaus berechtigt. Und bisher auch bestätigt. Vorerst.
Den Auftakt machte die SP. Wobei das nicht ganz korrekt ist. SP-Nationalrätin Barbara Gysi gab ihre Kandidatur als Einzelperson auf Twitter ohne offizielle Verkündigung durch die Partei bekannt. Diese dürfte aber Formsache sein und am Dienstag, 25. Oktober, an einer angekündigten Medienkonferenz erfolgen, an der Gysi ebenfalls anwesend ist.
Auf die Wiler Politikerin folgten schliesslich wenig überraschend SVP-Nationalrätin Esther Friedli und Grüne-Nationalrätin Franziska Ryser
Auf die Mitte braucht niemand zu warten, die hat ihren Stuhl mit Benedikt Würth auf sicher. Und Kandidaturen von anderen Parteien – namentlich der GLP – könnten als reine Werbemassnahme für die Nationalratswahlen im Herbst 2023 verbucht werden.
Bleiben also noch die Freisinnigen. Und die geben ihren Entscheid am Mittwoch, 26. Oktober, bekannt. In den Redaktionsstuben sind die Artikel, die eine Kandidatur von Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher verkünden, bereits vorgeschrieben und bereit zur Publikation.
Die Einladung zur Pressekonferenz baut aber nochmals Spannung auf. Sie ist entweder absolut eindeutig oder dann ein klares Spiel mit den Erwartungen.
«Im Namen der FDP des Kantons St.Gallen laden wir Sie hiermit zum Point de Presse mit Nationalrat Marcel Dobler, Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher und Regierungsrat Marc Mächler zu den Ständeratswahlen 2023 ein.»
Vincenz-Stauffacher ist anwesend. Macht Sinn. Entweder sie verkündet ihre Kandidatur oder erklärt, wieso sie aktuell keine Ambitionen auf einen Wechsel der Kammer hat.
Dobler ist anwesend. Macht Sinn. Er war schon einmal in einen Ständeratswahlkampf involviert. Er dürfte verkünden, wieso er sich dieses Mal zurücknimmt. Eine Kandidatur von ihm wäre eine Überraschung.
Mächler ist anwesend. Der einstige Präsident der kantonalen FDP und heutige Regierungsrat hat in dieser Runde – pardon – eigentlich nichts zu suchen. Wir gehen einmal davon aus, dass er durchaus über eine ordentlich gefüllte Agenda verfügt und nicht aus purem Interesse vor Ort ist. Es stellt sich also die Frage, was ein Regierungsrat bei der Verkündigung der Ständeratskandidatur zu suchen hat.
War bei Esther Friedlis Medienkonferenz Parteikollege und Regierungsrat Stefan Kölliker anwesend? Nein.
Ist bei der Information der SP Regierungsrat Fredy Fässler als Teilnehmer aufgeführt? Nein.
Wieso also Mächler?
Eigentlich gibt es darauf nur eine Antwort: Die FDP schickt ihn ins Rennen und sorgt damit für eine ordentliche Überraschung.
Das ist natürlich reine Spekulation. Und ebenso könnte man nun über die Gründe spekulieren, wieso Mächler kandidiert und Susanne Vincenz-Stauffacher verzichtet. Einer der «Gründe» wird von Grünen-Präsident Daniel Bosshard via Twitter eingeworfen: «Susanne Vincenz-Stauffacher ist der FDP zu links.»
Die Freisinnigen haben es jedenfalls schon jetzt geschafft, dass beim Ständeratswahlkampf sämtliche Augen und Ohren auf sie gerichtet sind. Bei einer Kandidatur von Susanne Vincenz kann man das Ganze als Marketingcoup bezeichnen. Einer, der aber kaum nachhaltig wäre.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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