Die FDP machte es bis zum Schluss spannend. Susanne Vincenz? Marc Mächler? Oder doch allenfalls Marcel Dobler? Seit heute ist klar: Nationalrätin Vincenz soll es richten.
Paul Rechsteiner sorgte mit seinem Rücktritt per Ende Dezember für eine Überraschung. Zwar wurde schon seit längerer Zeit darüber spekuliert, wann der 70-jährige SP-Politiker wohl seine Laufbahn in Bern beenden wird, dass er es nun aber noch dieses Jahr tut, hat den St.Galler Politbetrieb ordentlich in Bewegung gebracht.
Rechsteiner sorgt mit seinem frühzeitigen Rücktritt für eine Ersatzwahl im Frühling und damit für Druck bei den verschiedenen Parteien, möglichst rasch eine chancenreiche Kandidatur aus dem Hut zu zaubern.
So schnell wie der Rücktritt die Runde machte, so schnell wurden auch mögliche Nachfolgerinnen und Nachfolger genannt.
Als erste Person hat SP-Nationalrätin Barbara Gysi öffentlich ihr Interesse bekundet. Sie tat das am 14. Oktober mit einem kurzen Satz auf Twitter: «Ich bin bereit und will für die Nachfolge von Paul Rechsteiner kandidieren.»
Mehr Aufsehen erregte die Kandidatur von SVP-Nationalrätin Esther Friedli. Sie nutzt die Spekulationen, ob sie nicht allenfalls doch Bundesrat Ueli Maurer beerben möchte, um ihre Ständeratskandidatur vor einer Heerschar von Medienschaffenden zu verkündigen.
Auf sie folgte schliesslich vergangenen Freitag Grüne-Nationalrätin Franszika Ryer. Auch das war keine Überraschung.
Und nun also die FDP. Sie sorgte vor der Medienkonferenz nochmals ordentlich für Spekulationen. Auch bei uns. Dass bei der ordentlichen Verkündigung durch die Partei nicht nur Susannen Vincenz-Stauffacher und Marcel Dobler anwesend waren, sondern auch Regierungsrat Marc Mächler, werteten viele – auch wir – als Zeichen dafür, dass die FDP ihren Regierungsrat ins Rennen schickt. Doch dem ist nicht so. Das Täuschungsmanöver, der Marketingcoup hat funktioniert und für Interesse gesorgt.
FDP-Nationalrätin Susannen Vincenz-Stauffacher soll den SP-Sitz wieder auf die bürgerliche Seite holen.
«Ich melde meine Kandidatur als Ständerätin an.» Mit diesen Worten setzte Susanne Vincenz-Stauffacher den medialen Spekulationen rund um die Kandidatur der FDP zum freiwerdenden Ständeratssitz ein Ende.
Die Partei ist überzeugt, mit Vincenz-Stauffacher eine St.Gallerin mit Leib und Seele in das Rennen um den freiwerdenden Ständeratssitz zu schicken. Mit ihrer Politik «nahe bei den Menschen und ihrem Engagement für eine starke Wirtschaft» sei sie die geeignete Person für dieses Amt.
Die 55-Jährige wurde im Oktober 2019 in den Nationalrat gewählt. Sie nahm Einsitz in der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie, der Begnadigungskommission und der Gerichtskommission. Sie ist Mitglied der Delegation für die Beziehungen zum Landtag des Fürstentums Liechtenstein und Stellvertreterin in der Immunitätskommission. Zudem ist sie Co-Präsidentin der parlamentarischen Gruppen «Cleantech» und «Menschenhandel» sowie Mitglied weiterer Gruppen. Im Mai 2020 wurde sie zur Präsidentin der FDP-Frauen Schweiz gewählt, sie folgte auf Doris Fiala.
Schon im März 2019 kandidierte Vincenz-Stauffacher bei den Ersatzwahlen als Nachfolgerin von Bundesrätin Karin Keller-Sutter für den Ständerat. Sie erzielte mit 25'071 Stimmen das zweitbeste Resultat nach Benedikt Würth. Sie trat auch zum zweiten Wahlgang an und erreichte am 19. Mai 2019 den zweiten Platz mit 36'550 Stimmen.
Marc Mächler erklärte zu seinem Verzicht: «Nach reiflicher, intensiver Überlegung sowie nach zahlreichen Gesprächen mit meiner Familie, meinem Umfeld und meiner Partei habe ich mich entschieden, mich derzeit auf meine spannende und interessante Tätigkeit als Finanzdirektor und Mitglied der St.Galler Regierung zu fokussieren.» Susanne Vincenz stehe in der Tradition der jüngsten St.Galler Geschichte, in dem die Bevölkerung neben einem Mann auch eine freisinnige Frau ins ‘Stöckli’ entsandte.
Auch Marcel Dobler hat sich intensive Gedanken zu einer Kandidatur gemacht: «Die reizvolle Aufgabe, Bedeutung und Herausforderung des Amtes als Ständerat interessieren mich sehr; ich könnte es mir gut vorstellen.» Er sei jedoch zum Schluss gekommen, sich im Moment weiterhin auf das Nationalratsmandat und seine unternehmerische Tätigkeit fokussieren zu wollen.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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