Geht es um die Misere der St.Galler Spitäler, geben die Kritiker der Pläne den Ton an.
Nichts sagen ist immer eine Option. Aber es ist nicht immer die beste. So lässt sich das Verhalten der St.Galler Regierung und des Verwaltungsrats der Spitalverbunde St.Gallen zusammenfassen. Sie stehen nebeneinander wie zwei Kinder, die gegenüber den Eltern die Schuld an einem Fehlverhalten dem jeweils anderen zuschieben wollen.
Im Moment liegen grobe Pläne für eine Neugestaltung der Spitallandschaft im Kanton St.Gallen vor. Absender: Der Spitalverbunde-VR. Die Regierung nimmt sie zur Kenntnis, wird sich damit beschäftigen, sagt aber vorderhand nichts Konkretes dazu. Das ist legitim. Nur: Die Zeit, die sich die Regierung nimmt, nutzen die Gegner der Pläne, um sich zu formieren. Und hat man sich mal auf eine Stossrichtung geeinigt, sind diese Gegner längst bereit.
Dazu kommt: Was auch immer die Regierung favorisieren wird, es ist vermutlich schon längst überholt. Krampfhaft versuchen die Kantone, an ihrer Vision der Gesundheitsversorgung innerhalb der eigenen Grenzen festzuhalten, obwohl das keinen Sinn macht. Es gibt keinen anderen Bereich, der so sehr dazu aufruft, grösser zu denken und Kantonsgrenzen zu vergessen.
Unser politisches System stösst bei diesem Thema an seine Grenzen. Hier der sinnvolle Weg zu einer Ostschweizer Lösung, die eine flächendeckende Gesundheitsversorgung bei vertretbaren Kosten ermöglichen würde. Und dort Politiker, die in erster Linie wiedergewählt werden möchten und darum niemanden vor den Kopf stossen wollen.
Es ist aber nicht nur die Regierung und später das Parlament, die über den Schatten springen müssen. Die Bevölkerung in den einzelnen Regionen muss sich ebenfalls an der Nase nehmen. Es gibt keine vernünftige Lösung, solange jede Region noch vor der Debatte über eine ganzheitliche Lösung einfach blindlings für «ihr» Spital ins Feld zieht. Die Tendenz ist klar: Wir müssen die Zahl der Spitäler reduzieren. Das ist nicht möglich mit dem Motto: «Einverstanden, dann aber bitte die andern.» Denn der Nachbar sieht das ebenso.
Wenn wir das Ritual jährlich steigender Gesundheitskosten nicht an unsere Kinder und Enkel weitergeben wollen, muss jeder bereit sein, Opfer zu bringen. Den ersten mutigen Schritt müssen aber die politischen Instanzen machen. Solange sie alle vier Jahre um die Wiederwahl kämpfen, wird das nicht geschehen. Vermutlich zeigt uns die laufende Debatte über das Spitalwesen, das unser System an viel grundsätzlicheren Fragen krankt.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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